aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (13443)

geschrieben am 23. Dezember 2006 10:47:12:

Kriminelle Hintergründe der Leipziger Universitätsvorhaben

Die Überschrift als Weihnachtsgruß klingt nicht freudig, aber sie ist notwendig. Als ich vorgestern als Mitglied von Förderern und Freunden der Universität Leipzig e.V. zum Jahresausklang einen für die Universität Leipzig angekauften Abdruck Johannes Frentzels Leipziger Stadtplan von 1665 erhielt, stand auf der Rückseite:

Leipzig sey die Himmelspforte
da die Lehr von Gottes Worte
rein und fruchtbar geh im Schwange
Gerechtigkeit und Weisheit prange.“

In diesem Duktus übergebe ich die erste Aufstellung der zum Teil für den Freistaat Sachsen, für die Stadt Leipzig, für die Universität Leipzig und für verschiedene Wissenschaftsentwicklungen überhaupt verdienstvollen Personen der Öffentlichkeit, die ihr „Ruhebettlein“ in der Paulinerkirche fanden bzw. deren Namen oder Bildnisse dort Bestand hatten.

Auch als Vermächtnis von Prof. Hans Nadler möchte ich einen kleinen Beitrag leisten, die von ihm auf 800 Begrabene geschätzten Persönlichkeiten der Vergessenheit zu entreißen. Zweifellos ist dies nur ein kleiner bescheidener Anfang, und es gibt bereits mehr Erkenntnisse dazu, aber da auf www.paulinerkirche.org nur die Sachinformationen dokumentiert werden, möchte ich Ihnen die Rahmen und die Bedeutung dessen einmal andeutungsweise verdeutlichen.

Am letzten Wochenende im Mai 1968 vor der Sprengung wurde die Leipziger Universitätskirche St. Pauli generalstabsmäßig und systematisch ausgeraubt. Die damit verbundenen Sachverhalte sind nicht nur nach DDR-Recht strafbar. Es betrifft u.a. Leichenschändung, Raubgrabung, vorsätzlichen geplanten schweren Raub, Diebstahl von Kulturgut, deren Besitzer der heutige Freistaat Sachsen, die Universität Leipzig bzw. die Nachfahren der Begrabenen sind.

Es handelt sich somit für die Leipziger Universität um ein Kapitalverbrechen. D.h. nicht allein die Sprengung der Universitätsbauten ist das Hauptverbrechen, sondern es galt mit den Raubgrabungen, auch alle geschichtlich überkommenden Werte auszurotten.

Aber das ist nicht alles. Wenn Sie sich die Aufstellung und die Links zu den externen Quellen anschauen oder auch sonst nach Textquellen zum Begräbnisort der Persönlichkeiten suchen, werden Sie feststellen, daß diese Hinweise an der Universität Leipzig fast vollkommen fehlen. An der Universität Erfurt sehen Sie sofort 180 gut ausgewiesene Fundstellen.

Das bedeutet, nicht die „böse Stasi“ allein oder hier und da ein Informeller Mitarbeiter der Stasi wäre an allem schuld, sondern es ist festzustellen, daß aus a l l e n (!) Wissenschaftsbereichen die Quellen gezielt getilgt worden sind. Und da es ein medizinisches Novum und aufgefallen wäre, wenn die damaligen Professoren, Mitarbeiter und Studenten plötzlich alle dem Morbus Alzheimer anheim gefallen wären, wird wohl wissentlich einiges im Argen liegen, was der Aufklärung bedarf. Schließlich muß die Literatur, die in Erfurt bestens erschlossen ist, erst recht an der eigentlich (und für diese notwendig) betreffenden Einrichtung in die Arbeit öffentlich einbezogen sein.

Wenn man die erste Aufstellung einmal über einige Tage genau studiert, kann man sicherlich ermessen, was an Wertgegenständen und Schmuck hier zum Raubgut wurde, selbst abgerechnet der Gräber, die mit Abbruch der Kapellen, durch Schäden nach der Völkerschlacht 1813 und bei Heizungseinbau am Südchor in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts im Jahre 1968 nicht mehr existierten.

Und man kann unschwer erahnen, daß es Profiteure dessen gab und gibt, sowohl an der Universität und in den Verwaltungen der Stadt als auch vermutlich auf der anderen Seite der damaligen Grenze. Schließlich baute die Stasi danach auf dem Gelände der Matthäikirche den jetzt brachen und ebenso knastartigen Neubau der Runden Ecke mit dem Hauptschwerpunkt der zu erobernden „nichtsozialistischen Welt“ der Hauptabteilung „Aufklärung“ des Minsteriums für Staatssicherheit, wo die dort gefundenen Gräber gleichfalls „geflöht“ wurden...

Das heißt, diese Aktion beschränkt sich nicht etwa auf das Jahr 1968, sondern auf den gesamten folgenden Strukturaufbau der damaligen „Karl-Marx-Universität“, wo damit gezielte Geschichtsfälschung zum Bestandteil von Lehre und Forschung wurde und bis heute offensichtlich ist.

Das bedeutet, daß mit der vorsätzlichen Fälschung der Universitätsgeschichte und der Abwertung der Universitätskirche St. Pauli (aber auch des Goldenen Bären und des Fürstenhauses) die Universität Leipzig derzeit gegen ihren ureigenen Bildungsauftrag verstößt.

D.h. wie auch das Gutachten von Prof. Nadler damals belegt: Die Universitätsplanungen sind aufgrund dieser Fälschungen nach wie vor Müll. Eine Universität, die sich nicht zu ihren Wurzeln bekennt, hat auch keine Zukunft. Wie in diesem Forum bereits belegt wurde, hat die Leipziger Universitätsleitung vorsätzlich eine notwendige geschichtliche Aufarbeitung vor den Wettbewerben und vor Inanspruchnahme der umfangreichen Steuergelder abgelehnt. Sie hat vielmehr dafür gesorgt, daß der Öffentlichkeit und den Genehmigungsgremien dieses Wissen vorenthalten und diese somit belogen wurden.

Vor diesem Hintergrund kann es folglich keine seriösen Ergebnisse geben, die Bestand haben und an die Jahrhunderte währende Geschichte in geeigneter Weise anknüpfen.

Aus diesem Grunde rufe ich Sie auf, gleich ob Sie als Arzt, Jurist, Physiker, Theologe oder anderweitig, aber ehrlichen Herzens Ihre Tätigkeit ausüben und im Geiste Frentzels Gerechtigkeit und Weisheit als unverzichtbare Werte ansehen, selbst eigenständig aktiv zu werden, damit die kriminellen Machenschaften und Verstrickungen an der Universität Leipzig umfassend aufgeklärt werden.

Für eine Universität dieses Alters ist es nebensächlich, ob sie im Jahre 2009 oder (wie zum dreihundertjährigen Jubiläum) drei Jahre später eine Erneuerung erfährt.

Wichtig ist viel mehr, daß sie ihre Wurzeln zurückerhält und daran anknüpfen kann, damit die Leipziger Universitätskirche St. Pauli wieder für die kommenden Jahrhunderte Bestand hat und nicht irgendwelche teuren Spinnereien und Firlefanz mit den Haltbarkeitszeiten wie das jetzige, nachweislich gescheiterte Abrißkonglomerat.

Wenn Touristen und ausländische Studenten nach Leipzig kommen, möchten Sie den authentischen Ort erleben, an dem Bach und Mendelssohn Bartholdy damals ihre Werke uraufführten und die heute in alle Welt getragen und alle Jahre wieder z.B. mit dem Weihnachtsoratorium aufgeführt werden. Insofern haben wir auch eine Pflicht gegenüber der Kulturwelt, nicht in die Kakophonie eines Sächsischen Finanzministeriums einzustimmen, wo unfähige Provinzpotentaten Einwände und Sachdiskussionen vorsätzlich unterschlagen haben.

Setzen Sie sich bitte, gleich ob über Ihre Berufsverbände oder Fachbereiche oder als Nachfahre straf- oder zivilrechtlich dafür ein, daß eine umfassende Aufklärung der Vorgänge erfolgt. Helfen Sie mit! Nur die völlige Transparenz und die Offenlegungen geben der Universität Leipzig die Chance, vom Fluch der Spitzel-, Fälscher- und „Der-Deckel-ist-drauf-Universität“ abzukommen und zum Nimbus der Spitzenuniversität, die sie zu einigen Zeiten bereits war, zurückzufinden.

Weihnachten und die Zeit des Jahreswechsels sind sicherlich gut dazu geeignet, sich besinnlich hierüber auszutauschen und die Gedanken an Freunde, Kollegen, Bekannte und die Medien weiterzugeben. Schließlich geht es mir wie stets nicht darum, Recht zu haben, sondern daß Sie möglichst den besten Sachinformationen nachgehen können, aus denen Sie Ihre eigenen Schlüsse ableiten.

Und so wünsche ich Ihnen im Andenken an die vielen Generationen, die Leipzig überhaupt erst zu einer Universitätsstadt werden ließen, erbauliche Stunden. Da die Universität Erfurt freundlicherweise auch die Eingangsseiten der Werke gescannt hat, wird dies für manche bestimmt ein besonderes Erlebnis, etwas von der Weisheit und Gerechtigkeit zu spüren, wie sie bereits vor Jahrhunderten in Leipzig und ihrer Paulinerkirche gelebt wurde.

Wieland Zumpe

Leipzig, den 23. Dezember 2006

www.paulinerkirche.org, spezieller Teil zur Universitätskirche: http://www.paulinerkirche.org/paulki.html und hier der direkte Link zur ersten Aufstellung:

Personen und Gräber

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aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (13422)

geschrieben am 24. Dezember 2006 10:45:59:

Anmerkung

Als Antwort auf: Re: Kriminelle Hintergründe der Leipziger Universitätsvorhaben geschrieben von webflash am 23. Dezember 2006 15:18:14:

Bitte entschuldigen Sie die Linkfehlstellen. Diese ergaben sich insbesondere, da zur Erarbeitungszeit die Server der Uni Jena ausgefallen waren. Bei einer erweiterten Fassung werde ich dies natürlich korrigieren.

Die von Ihnen angeschnittenen rechtlichen Fragen sind allerdings komplizierter. Da war nichts "freigegeben", und das Gelände war hermetisch abgesperrt. Da konnte keiner etwas unbemerkt "mitnehmen". Zudem ist bisher nur ein Bruchteil der damaligen Aktivitäten aktenkundig erschlossen und größtenteils in der Öffentlichkeit gar nicht bekannt. Hierzu wird sicherlich die Publikation von Herrn Dr. Wurlitzer demnächst weitere Ansatzpunkte erschließen, um das damalige Ausmaß überhaupt erst zu erkennen.

Unzweifelhaft geht es allerdings auch aktuell um Kulturgut des Freistaates Sachsen, was derzeit vom Sächsischen Finanzministerium und Teilen der Sächsischen Staatskanzlei völlig unterschlagen wurde.

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aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (13427)

geschrieben am 25. Dezember 2006 00:02:53:

Re: Kriminelle Hintergründe der Leipziger Universitätsvorhaben

Geschrieben von Wolfgang Michel am :

Als Antwort auf: Kriminelle Hintergründe der Leipziger Universitätsvorhaben geschrieben von Wieland Zumpe am 23. Dezember 2006 10:47:12:

Sehr geehrter Herr Zumpe,

Ende der achtziger Jahre stiess ich bei Recherchen zum Hintergrund der sogenannten Caspar-Chirurgie, der ersten japanischen Chirurgietradition westlicher Praegung, auf Caspar Schamberger und dessen Heimatstadt Leipzig. Als Wessi und seit ueber dreissig Jahren in Japan lebender "Fern-Ossi" war mir Leipzig kaum mehr als ein Name auf der Landkarte. Nach der Wende stuermte ich daher sofort los ins Stadtmuseum und Stadtarchiv. Voller Begeisterung machte ich mich ueber Stadtplaene, allerlei Register und Buecher mit dem Leipzig des 17. Jh. vertraut, mit dem 30-jaehrigen Krieg, der Universitaet, dem Wiederaufbau, den Zuenften, mit der Heimkehr Schambergers aus Japan und dem Aufstieg der Familie (der Sohn Johann Christian brachte es zum Professor und Rektor der Universitaet) im 17. Jh. und dem Niedergang im 18. Jh. Einerseits war ich tief beeindruckt, dass erstaunlich viele Materialien die Jahrhunderte ueberlebt hatten. Doch waehrend ich durch die Anfangs nahezu ausgestorbene Maedler Passage und allerlei Schlippen zog, um die Gegenwart mit der Vergangenheit zu korrelieren, wurde bald klar, dass manche Verluste nichts mit Konflikten in frueheren Jahrhunderten zu tun hatten. Die Fotos der Sprengung waren erschuetternd. Welche Schmerzen moegen sie wohl bei Menschen verursachen, die Leipzig als ihre Heimat erleben. Ihre Aufstellung der in der Pauliner-Kirche beigesetzten Personen und die Diskussion in diesem Forum vertiefen die Bestuerzung. Der Universitaet mit ihrer so langen und reichen Tradition ist ein ruhiger Blick und Bedachtsamkeit zu wuenschen. Zugeschmierte Wunden schwaeren weiter. Heilung verlangt einen direkten Blick und sachgemaesse Behandlung.

Wolfgang Michel (Kyushu University, Fukuoka, Japan)

Caspar Schamberger

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aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (13456)

geschrieben am 27. Dezember 2006 17:48:10:

Anmerkung

Als Antwort auf: Re: Kriminelle Hintergründe der Leipziger Universitätsvorhaben geschrieben von Gast am 26. Dezember 2006 17:59:17:

Die Ergänzung zu Gellert (nach der Überführung von der Johanniskirche) und Tetzel ist richtig. In dieser Aufstellung ging es erst einmal um jene Persönlichkeiten, die nicht in die Etzoldschen Sandgrube verbracht wurden.

Um die Kirche herum gab es jedoch weitere Grabstellen, d.h. sowohl Tetzels Grab als auch z.B. bei der Völkerschlacht Verstorbene in ihren Uniformen im Massengrab.

Während zuerst die Gebäudeteile der Universitätsbauten in die Etzoldsche Sandgrube kamen, wurden dann die Ausbaggerungsteile darüber geschichtet.

Hierzu sind neben den Zeugenaussagen die Fotos zu analysieren, die derzeit noch im Bildbestand des Stadtgeschichtlichen Museums fehlen.

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aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (13455)

geschrieben am 29. Dezember 2006 19:43:09:

Antwort

Als Antwort auf: Re: Frage geschrieben von Gast am 29. Dezember 2006 16:41:30:

>Gibt es irgendwelche konkreten Hinweise darauf, wo diejenigen Gebeine, die nicht in die Etzoldsche Sandgrube verbracht worden sind, anonym verscharrt worden sind?

Ja, und Sie werden sicherlich verstehen, warum dies nicht öffentlich bekanntgegeben werden kann. Zum zweiten Teil Ihrer Frage müssen Sie bedenken, daß zum Zeitpunkt der Aktion die Universitätskirche St. Pauli noch stand. Es werden in der Etzoldschen Sandgrube u.a. "nur" die buntbemalten Gruftteile ausgegraben. Diese können dann mit den Fotos verglichen und rekonstruiert werden, die in den Grüften teilweise angefertigt wurden.