aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (22956)

geschrieben am 24. August 2007 04:27:37:

Gewaltexzesse in Sachsen und ihre Bekämpfung

Liebe Kulturfreunde,

die Zusammenhänge von Gewaltexzessen in Sachsen gilt es aus aktuellem Anlaß an dieser Stelle verständlich zu machen, denn das Beispiel Mügeln offenbart viel von dem, was sicherlich jeder aufmerksame Bürger aus anderen Situationen kennt, auch wenn die Formen der Gewalt recht unterschiedlich sein können.

Schauen wir uns zuerst die Beispiele an. Hier sehen wir das Fürstenhaus, das auf alten Grundmauern eines anderen Gebäudes im Jahre 1558 umgebaut wurde und im Jahre 1648 in den Besitz der Universität Leipzig gelangte.

Foto 12. Juni 2007

Hier sehen wir, mit welcher Brutalität das Bodendenkmal im Jahre 2007 behandelt wurde. Der zuständige Archäologe, Herr Westphalen, stritt erst die Existenz von Bodendenkmalen ab, dann meinte er, es seien nur Mauern aus dem 16./17. Jahrhundert. Pläne besaß er nicht. Berufen konnte er sich nur auf seinen obersten Dienstherrn.

Da Prof. Georg Milbradt stets rechzeitig und mit größter Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit informiert wurde, handelt es sich somit um vorsätzliche (!) Kulturverbrechen und mangelnde Dienstaufsicht – falls die Informationen in der Sächsischen Staatskanzlei oder im Sächsischen Finanzministerium abgefangen wurden.

Doch das war erst der Anfang der Gewaltexzesse seitens des Freistaates Sachsen. Weitere Zerstörungen folgten und wurden in diesem Forum ausführlich dokumentiert.

Der Punkt, wo alle ethischen Grenzen überschritten wurden, begann, als die Propagandamaschinerie des Sächsischen Finanzministeriums bereits wenige Stunden, nachdem beim Ausbaggern Teile der Paulinerkirche und ihrer Kapellen sichtbar wurden, die Presse belog, es handele sich nicht Paulinerkirche.

Auch wenn Bedienstete des Freistaates im Schweinsgalopp sterbliche Überreste abtransportierten und anschließend Mauerteile herausgerissen und beseitigt wurden, ändert dies nichts am dokumentierten Sachverhalt.

Der Frevel und das unter keinen Umständen hinnehmbare Kulturverbrechen, das in der Verantwortung von Prof. Georg Milbradt hier vollzogen wurde, ist deshalb näher zu erklären.

Die Bürger Leipzigs wurden gezielt belogen hinsichtlich der Pläne, was auf dem Platz der Universitätskirche gebaut werden soll. Denn in kürzester Zeit wurden auf dem Gelände der Universitätskirche St. Pauli nicht nur Mauerreste teilweise herausgerissen, sondern Beton eingefüllt für eben jene Immobilie „Gasherd“, die bereits von den Leipziger Bürgern abgelehnt wurde.

Das bedeutet, Herrn Prof. Milbradt geht es als Bauherr nicht um seriöse Planungen und optimale Studienbedingungen für die Universität Leipzig und ihre StudentInnen, denn diese werden schließlich wie am Petersbogen in obere Etagen verfrachtet, sondern seine Prioritäten sind auf ein Jubeldatum und dahingehend gewichtet, daß in einem minderwertigen Gewerbebau zu einem Fünftel Shopping stattfinden kann.

Das über Jahrhunderte bestehende Gelände der Leipziger Universitätskirche soll für diesen städtebaulichen Tinnef entwertet werden.

Da die Leipziger Universitätskirche St. Pauli nie entwidmet wurde, sprengt das auch die Grenzen christlicher Wertekategorien. Wenn also Prof. Milbradt sich diesen verpflichtet fühlt, ist sein unverzügliches Einschreiten der einzige Weg, Glaubwürdigkeit zu erhalten. Denn wer sich an diesem historischen Ort vergeht, begeht in der Tat ein nicht wieder gutzumachendes Verbrechen.

Denn hier sind die aktuellsten Bilder, wie mit Brachialgewalt in Leipzig weiter verfahren wurde.

Zuvor sehen wir die Grimmaische Straße, wie sie wahrscheinlich auch von Goethe, Gottsched und Lessing erlebt wurde.

Im Jahre 2007 wurde wie gesagt in kurzer Zeit in das Gelände der Paulinerkirche und der Grimmaischen Straße Beton gekippt.

Foto 22. August 2007

Und wie wir hier sehen ist, wurden Jahrhunderte alte Zeitzeugen der Kulturgeschichte in wenigen Stunden beseitigt, vernichtet bzw. „zugedeckelt“.

Foto 23. August 2007

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Bekämpfung – was zu tun ist

Glücklicherweise hat der ehemalige Innenminister Sachsens, Herr Heinz Eggert, am 22. August 2007 im Deutschradio ein ausführliches Interview gegeben, auf das ich mich hier berufen kann.

Denn er sagt ganz klar, was zu tun ist, um Gewalt zu verhindern.

Heinz Eggert sagt, daß man einen breiten Schulterschluß mit der Bevölkerung braucht. Man muß den Bürger erreichen und Auswirkungen mit den Bürgern besprechen. Es gilt aufzuklären und immer wieder aufzuklären – so weitere Parteifreunde.

Die Fragen, die sich Leipziger Bürger sicherlich hierauf stellen, sind daher recht zahlreich:

Warum ist dies seit Jahren nicht passiert?

Wenn die Sächsische CDU nichts aufklären wollte – was hat sie dann in dieser Zeit getan?

Warum wird den Leipziger Bürgern die Bau-, Kultur- und Geistesgeschichte z.B. des Goldenen Bären, des Fürstenhauses oder der Paulinerkirche vorenthalten?

Warum wird keinerlei seriöse archäologische Erkundung durchgeführt?

Warum kümmert sich eine Sächsische Staatsregierung nicht um sächsisches Kulturgut?

Warum soll die Etzoldsche Sandgrube nicht geöffnet werden?

Warum wurden keine Informationen über die historische Bebauung am Bauzaun zugelassen?

Warum soll 800 der wichtigsten Repräsentanten sächsischer Geschichte mehrerer Jahrhunderte, die bis 1968 in der Paulinerkirche begraben waren und derzeit an einem bestimmten Ort anonym verscharrt liegen, nicht Gerechtigkeit widerfahren?

Warum boykottiert die Sächsische CDU eine unabhängige Aufarbeitung des größten deutschen Kulturverbrechens nach dem II. Weltkrieg?

Warum fällt eine Sächsische Staatsregierung, die einstimmig einen Beschluß zum Wiederaufbau der Leipziger Universitätskirche St. Pauli in wenigen Tagen um? Welche Kader sind in der Sächsischen Staatsregierung erpreßbar?

Warum unterdrückt die Sächsische CDU den Beschluß der Leipziger CDU?

Bei einer seriösen Planung weiß man vorher, wie und was bis ins kleinste Detail entsteht. Jeder Mitarbeiter der Leipziger Universität müßte bereits kennen, seinen künftigen Arbeitsplatz, welchen Blick er aus dem Fenster hat, welche Wege er täglich geht etc. pp. Nichts davon ist realisiert. Stattdessen erleben die Bürger, wie mit Steuergeldern seitens des Bauherrn Desinformation und gesellschaftlicher Dissens betrieben wird.

Mit Gewalt werden hier in Sachsen Planungen durchgedrückt, die mit den Grundsätzen der CDU Deutschlands u.a. lebenswerter Orten und obigen Aussagen von Herrn Heinz Eggert nichts gemein haben.

Sehr aufmerksam sollten daher die Leser beobachten, wie gerade von Herrn Heinz Eggert und weiteren Verantwortlichen immer wieder versucht wird, die alten Bundesländer hier hineinzuziehen und gebetsmühlenartig zu verkünden, daß dies kein ostdeutsches Problem sei.

Es ist sehr wohl ein spezifisches Problem in Sachsen! Denn grundlegend sind die Verursachungsprinzipien. Eine lebendige Demokratie hat das, was Herr Eggert fordert. Nur sehen wir eben am Beispiel der Leipziger Universitätskirche St. Pauli, daß die Defizite in der Sächsischen CDU liegen, wo in der Sächsischen Staatskanzlei und im Sächsischen Finanzministerium werden alles andere getan wird, als sich daran zu halten. Während sich die Bürger wie in diesem Forum frei äußern, gleicht das Finanzministerium einem „schwarzen Loch“, wo zwar alles „aufmerksam verfolgt“, aber nichts getan wird, um einen demokratischen Konsens herzustellen.

Wenn die Bürger nicht einbezogen werden, Vorschläge nicht gehört, Eingaben nicht bearbeitet werden, dann ist es nicht verwunderlich, wenn Deformationen entstehen.

Wenn B-Kader, legendierte Biographien und verharrende Altlasten weiterhin in Sachsen ihnen übertragene Verantwortung als Macht mißbrauchen können und die Bürger quasi keine Ansprechpartner im politischen Raum mehr haben, ist es nicht verwunderlich, daß hier zunehmend rohere Kräfte walten.

Und jeder kann sich dabei denken, wer von weiteren Polarisierungen profitiert, gleich ob jetzt in Mügeln 15 Beamte ermitteln oder immer mehr Sicherheitspersonal hinzugezogen werden muß in derartigen Fällen und Gremien, wo dann wieder an Tischen zur Demokratie beraten wird…

Zweifellos sind die Formen der Gewalt meist nicht so gravierend wie in Mügeln oder wie hier gezeigt. Meistens ist es nicht so, daß man sich an anderen vergreift. Aber Herr Eggert nennt auch als Formen der Gewalt, daß man andere erniedrigt oder von anderen nichts hält. Und da kommt es schon in Bereiche, die sicherlich zahlreiche Forumsteilnehmer erlebt haben und die ihnen ggf. den Arbeitsplatz kosteten. Denn wenn ein Landtagsabgeordneter oder ein Beamter eben eine derartige Haltung annimmt bzw. sich mehr um sich als um das Gemeinwohl kümmert, dann kann dies weitreichende Folgen haben…

Glücklicherweise hat Heinz Eggert auch formuliert, was er von den Bürgern erwartet. Denn er kritisiert wie viele andere das Wegschauen und fordert redliches, offenes, eigenes Handeln und Zivilcourage.

Da kann ich ihm selbstverständlich nur beipflichten. Denn dies habe ich beständig in Sachsen gelebt – wie es in diesem Forum auch an einigen Stellen bekannt wurde. Allerdings habe ich mich u.a. dem Thema der Leipziger Universitätskirche St. Pauli und der Universitätsgeschichte mit meinen bescheidenen Möglichkeiten in den vergangenen Jahren so gewidmet, daß man derzeit das in Sachsen erwarten kann, was die Sächsische CDU bestimmt: jahrelange Ausgrenzung und Zerstörung der Existenzgrundlagen. Jeder sollte sich also schon überlegen, daß Zivilcourage in Sachsen nicht zum Null-Tarif zu haben ist.

Mögen dies all jene gewahr werden, die diesen zwangsläufig kurzfristigen Beitrag von mir als Link erhalten und von außen auf Sachsen schauen.