aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (7662)

geschrieben am 30. Mai 2006 01:41:51:

4.2.1.1 B-Strukturen bzw. B-Kader

Ursprünglich waren B-Strukturen gemäß einer Direktive des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR aus dem Jahre 1967 für den Verteidigungsfall vorgesehen. D.h. die Sicherheitspolitik der SED war so ausgerichtet, daß, falls es zu einem Ausnahmezustand in der DDR kommt und die bestehende (A-) Struktur (also SED-Struktur) abtauchen muß oder aus sonstigen Gründen nicht mehr Herr der Lage ist, eine komplette Bereitschaftsstruktur existiert, die den Herrschaftsanspruch der SED unter anderen Vorzeichen bzw. in Notsituationen weiterhin garantiert, so daß zu gegebener Zeit wieder die A-Kader ans Ruder kommen können.

Diese B-Strukturen bestanden (vorwiegend) nicht aus SED-Mitgliedern, sondern aus Blockparteimitgliedern und auch Parteilosen, vorwiegend bestimmtem Fach- bzw. möglichem Führungspersonal.

Für die B-Strukturen wurden recht unterschiedliche Kader requiriert. Diese konnten Personen sein, deren SED-Kandidatur z.B. abgelehnt worden war oder die sich in irgendeiner Weise besonders hervortun bzw. etwas Besonderes sein wollten. Dazu gab es in der ehemaligen DDR ausreichend Möglichkeiten.

Schließlich mußten die Bürger aus den verschiedensten Gründen ruhiggestellt werden bzw. brauchte man zunehmend Personal, das entsprechend vergattert werden konnte.

Dies erschloß sich daraus, daß möglichst jeder in einem entsprechend bedeutungsvollen Betrieb irgendwie eingebunden und verfügbar war bzw. selbst im Wohnumfeld alles unter Kontrolle stand.

D.h. wenn z.B. im Leipziger Umland Kernwaffen wie die SS-20 aufgestellt wurden, brauchte es natürlich einer kontrollierten Infrastruktur, wo kein Bürger „aus der Reihe tanzte“. D.h. nicht alles mußte dann die SED machen.

Ebenso brauchte man vergatterungsfähige Kader in DDR-Betrieben, weil immer mehr Devisen erwirtschaftet werden mußten, gleich ob in der erdölverarbeitenden Industrie, im Waffenhandel oder in der Lieferung ganzer Chemieanlagen für die rauschgiftverarbeitende Industrie u.a. nach Mittelamerika. Gleiches gilt für den damals aufkommenden und sehr umfangreichen Sektor der Computerindustrie.

Die B-Strukturen wurden gesondert geführt. Sie fielen demnach nicht unter die Kategorie Informeller Mitarbeiter, weil sie ihrer Aufgabe entsprechend in andere Befehlsstrukturen eingewiesen wurden.

Ihr Nachteil besteht darin, daß sie jährlich zu überprüfen waren bzw. durch die Abteilung Sicherheitsfragen der SED fortwährenden Einschätzungen unterlagen. D.h. diese sind auch weiterhin erpreßbar, weil sie 1989 mit Vorbedacht ausgesandt wurden und mit Sicherheit Unterlagen über sie an „geeigneten Stellen hinübergerettet“ wurden. Irgendwo werden sicherlich nicht nur die Listen der B-Strukturen existieren, sondern auch die jeweiligen Einschätzungen, die im Bedarfs- oder Notfall gezogen werden, damit die Leute nicht aus der Reihe tanzen.