Die Katholische Kirche St. Trinitatis in Leipzig

Die katholische Kirche in Leipzig. Die im Jahre 1847 vollendete katholische Kirche in Leipzig ist nicht allein eine Zierde dieser Stadt, sondern zählt auch zu den schönsten Kirchen Deutschlands. ..

Originaltext

Die katholische Kirche St. Trinitatis und ihre städtebauliche Einbettung

Ein Beitrag für Architectura pro Hominae, 16. August 2011, 12:58 (leicht ergänzt)

Im Zusammenhang mit der Katholischen Kirche St. Trinitatis gilt es, eine Geschichte zu erzählen. In den 1980er Jahren gab es Pläne seitens der kulturlosen, intransparenten und wasserköpfigen Stadtverwaltungs- wie Parteileitungsgremien im Leipziger Rathaus, auf dem Gelände vor dem Neuen Rathaus neungeschossige Neubauklötze wie in Leipzig-Grünau hinzusetzen.

Nachdem meine Einwände auf dieser Ebene und bei der Leipziger SED-Bezirksleitung mit Sicherheit wahrgenommen wurden, aber reaktionslos blieben, gingen Schreiben an das Ministerium für Bauwesen der DDR. Dies erfolgte nicht nur per Brief, sondern mit einer umfangreicheren Fotodokumentation, die in Form von Dias den direkten Vergleich mit dem Kulturniveau der vorhandenen Bausubstanz insbesondere der Kolonnaden- und Alexanderstraße mit den vorgesehenen Neubauten bot. Das bedeutete folglich einen Querschnitt durch das gesamte städtebauliche und Hausinventar: Straßenzüge, Höfe, Fassaden, Fußböden, Treppen und Treppengeländer, Schmuckdetails, Fenster bis hin zu Werbung und Hausnummern – immer im Vergleich zu den vorgesehenen Neungeschossern, die in Grünau frisch als sozialistischer Wohnungsbau fertiggestellt waren. Material hierzu existiert noch.

Ein wichtiges städtebauliches Detail, das für dieses Forum relevant ist, war ein Foto des Fotografen Hans Lindner, was von seinem Sohn und ebenfalls Fotografen Manfred Lindner zuvor für eine Eingabe bereitgestellt wurde. Da es zu DDR-Zeiten noch nicht Kopiermöglichkeiten wie heute gab, muß ich auf Material zurückgreifen, mit dem ich etwas zur Qualität der städtebaulichen Einbettung der Katholischen Kirche St. Trinitatis verdeutlichen kann. Das Foto zeigt die Weststraße, die im 19. Jahrhundert nach der Fertigstellung von St. Trinitatis ausgebaut wurde und direkt in die Lotterstraße überging. Man schaute damals wie heute zum Neuen Rathaus auf und lief an einem beschaulichen Villenring entlang direkt in die Innenstadt.

Blick in die Weststraße, 1908

1998

2011

In diese Szenerie fügte sich die 1847 fertiggestellte Katholische Kirche St. Trinitatis harmonisch ein.

Katholische Kirche St. Triniatis 1847

Stadtplan nach 1847

Stadtsilhouette 1865

Stadtplan 1884 (mit Neuem Gewandhaus)

Stadtsilhouette mit Katholischer Kirche und Pleißenburg, um 1890

Hierzu einige Umgebungsfotos

Schmuckplatz am Reichsgericht mit Karl-Tauchnitz-Straße, um 1910

Wilhelm-Seyfferth-Straße auf die Karl-Tauchnitz-Straße zulaufend, im Hintergrund Weststraße stadtauswärts, 1906

Villenring der Karl-Tauchnitz-Straße, parallel die Katholische Kirche St. Trinitatis an der Weststraße, 1909

Blick vom Johannapark Richtung Innenstadt, 1930

Blick vom Burgplatz in Richtung Katholische Kirche, 1911

Katholische Kirche mit Blick vom Übergang der Lotterstraße in die Weststraße, 1905

Hier nun einiges zur Umgebungsbebauung, Rathausring - Dittrichring

Blick vom Neuen Rathaus auf die Weststraße, um 1935

Loge Minerva, um 1905

Das "Hufeisen" 1908

Rathausring mit Blick zum Reichsgericht, um 1910

Blick zur Karl-Tauchnitz-Brücke und zum Rathausring, um 1900

Blick zum Rathausring in Richtung Matthäikirche, um 1920

Rathausring zur Schulstraße und Markgrafenstraße, um 1920

Blick vom Rathaus, um 1920

Die Katholische Kirche mit Blick vom Rathaus 1945

Die Katholische Kirche vom Boot aus betrachtet 1953, als die Alexanderstraße (jetzt Beckmannstraße) im Wasser, St. Trinitatis aber im Trocknen stand.

1957 wurde sie abgerissen und das Gelände eingeebnet.

Das Gesamte von oben (aktuelle Fotos alle vom 12. August 2011).

Da dies alles nahezu vergessen scheint, muß noch etwas zur Stadtökologie ergänzt werden. Die schädlichsten Entwicklungen für die ökologische Anbindung der Innenstadt erfolgten erst nach 1945 mit der Straßenverbreiterung u.a. der Karl-Tauchnitz- und der Verbindung zur ehemaligen Weststraße. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es einen kreuzungsfreien Übergang vom Auenwald über die Parkbereiche und die Reitbahn direkt zum Rathausring.

Auf dem Gebiet der Katholischen Kirche St. Trinitatis befindet sich nun eine leere Fläche, zudem ein abgegrenzter und eingezäunter Kinderspielplatz und evtl. zu geringen Teilen ein DDR-Schulgebäude. Während der ehemalige Neubau u.a. für die Thomas-EOS längst abgerissen ist, fristet diese Schule ein Dasein, was der näheren Betrachtung wert ist.

Sie befindet sich in der Manetstraße und nennt sich Édouard-Manet-Schule, Grundschule der Stadt Leipzig. Dazu ist zu sagen, es handelt sich hier um die Moritz Straße bzw. Moritzstraße.

Blick in die Moritzstraße Richtung Thomaskirche, 1904

Im Jahre 1950 beschloß die Stadt Leipzig vermutlich wegen Vorwürfen „militaristischer Bürgerlichkeit“, die Montbéstraße in Gohlis, benannt nach dem General Alban von Montbé, der von 1874-1885 Stadtkommandant war, in Manetstraße umzubenennen. Damit aber nicht genug. Im Jahre 1985 steigerten sich die Stadträte zur Umbenennung in „Kommandant-Trufanow-Straße“, der als Angehöriger der Roten Armee vom 17.07.-15.11.1945 Militärkommandant von Leipzig war. Manet mußte daher Moritz an anderer Stelle ersetzen.

Und um auch dieser Straße einen vorwärtsstrebenden, revolutionären und zukunftsweisenden Schwung zu verleihen, wurde hier im Jahre 1985 die Heinz-Gronau-Oberschule (76. Polytechnische Oberschule) eröffnet. In Nachbarschaft des Neuen Rathauses und in Nähe und Patenschaft des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, was ebenso ein neues Domizil auf dem Gelände der Matthäikirche bezog wie eine Villa nebst Neubau an der ehemaligen West- und Gustav-Mahler-Straße. Auf ihrer Internetseite schreibt diese öffentliche Bildungseinrichtung: „Außen wirkt unsere Schule etwas veraltet, aber es kommt ja auf die inneren Werte an.“

Heinz Gronau war Generalmajor im Wachregiment Feliks Dzierzynski sowie Leiter der Hauptabteilung I des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Seine Leistungen im Widerstand vor 1945 sind vermutlich unbenommen, aber er war ein Vertreter der zweiten deutschen Diktatur, mit dessen Namensnennung als Vorbildwirkung die tschekistischen Prinzipien zum Sieg des Sozialismus-Kommunismus führen sollten. An der Namensgebung änderte sich erst etwas im Jahre 1992. Dies ist aber nicht das Thema dieser Seite. Wer hierzu mehr wissen möchte, kann sich gern an Frau Claudia Iyiaagan-Bohse wenden, welche die praktizierten Strukturentwicklungen nach 1989 aus eigener Erfahrung wie sonst kaum jemand kennt.

Um auf die eingangs erzählte Geschichte zurückzukommen. Die Neungeschosser wurden nicht gebaut, und ein großer Teil der Bausubstanz u.a. der Kolonnaden- und ehemaligen Alexanderstraße blieb erhalten. Selbst in einer Diktatur war es möglich, daß es weitsichtigere Menschen gab als jene im Leipziger Rathaus.

Man muß sich allerdings fragen, wie es möglich ist, daß auch über zwei Jahrzehnte nach dem Ende der DDR weiterhin im Leipziger Rathaus unter Führung des ausgebildeten Religionslehrers Burkhard Jung Geschichtsklitterung betrieben und Bildung vorenthalten wird, SED-Verbrechen nicht aufgearbeitet werden und weiterhin das Ministerium für Staatssicherheit stadtplanerische Entwicklungen prägt.

Die Katholische Kirche St. Trinitatis wurde nach meiner Kenntnis auf ihrem alten Standort nie entwidmet und es gibt m.E. keinen entscheidenden Grund, daß diese dort nicht wieder ersteht.

Blick vom Diensteingang des Neuen Leipziger Rathauses auf das Gelände der Katholischen Kirche St. Trinitatis 2011

Zur Erinnerung - die städtebauliche Qualität im Jahre 1906

Ich würde mich sehr freuen, wenn die erfahreneren Mitglieder diese Seite um weiteres Fotomaterial (insbesondere Innenaufnahmen) ergänzen, was über die Deutsche Fotothek u.a. öffentlich einbindbar ist, insbesondere weil die meisten Bürger und auch die derzeitigen Schüler an der „Édouard-Manet-Schule“ sonst nichts darüber erfahren.

Bildmaterial außer den aktuellen Fotos:

Kleine Auswahl aus Lipsikon, Sammlung Wieland Zumpe

Material: Sammlung Lipsikon Stand 16.08.2011

Copyright © Wieland Zumpe 1999-2011

Weitere gesuchte Aufnahmen werden erst nach Genehmigung von Rechteinhabern (u.a. SLUB, Deutsche Fotothek) bereitgestellt.