aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (14484.htm)

geschrieben am 05. Februar 2007 04:12:15:

Amtskriminalität

Zu den Ergebnissen der "Baukommission"

Am 11. Januar 2007 erhielt ich einen Anruf (Gesprächsdauer 5:51 min) des persönlichen Referenten von Herrn Dr. Wolfgang Voß, Herrn Hoyer, der mir mitteilte, daß Herr Dr. Voß mit mir sprechen wolle. Als Gesprächstermin wurde mir der 5.2.2007 15 Uhr vorgeschlagen, einschließlich des Raumes für das Gespräch. Bis dahin hätte er noch einiges zu erledigen. Auf die Frage, ob ich Interesse an einem Gespräch habe, da es – so Herr Hoyer etwa –, Differenzen gebe, antwortete ich ihm, daß ich darin kein Problem sehe und es mir nur um die Sache gehe, ausschließlich um die Sache! Auf meine Frage, daß es ja endlich Zeit wird, daß nach 5 Jahren (am 24.7.2001 erhielt ich hierzu ein Schreiben von Herrn Reidner, der übrigens vor nicht einmal zehn Tagen bei Aufsetzen der Turmhaube am Dresdner Schloß stolz sagte: „Mit dem Wiederaufbau gibt der Freistaat den Bürgern ein Stück Heimat und Identität zurück.“ – in Leipzig soll dies also nicht gelten?) ein Gespräch stattfindet, gab es keine Antwort. Wir verblieben so, daß der Termin erst vorab datiert ist und sich Herr Hoyer zur genauen Absprache wieder meldet. Schließlich muß man sich ja darauf intensiv vorbereiten.

Alles weitere erfuhr ich aus der Presse. Mit dem Geschäftsgebaren nimmt man es offensichtlich im Sächsischen Finanzministerium nicht so genau. Da sich Herr Hoyer weder per Brief, Mail oder telefonisch wieder bei mir meldete, muß ich aufgrund der dargestellten Äußerungen von Herrn Dr. Wolfgang Voß davon ausgehen, daß er wiederholt vorsätzlich Fakten schaffen wollte, ohne sich zu informieren. Daher folgt an dieser Stelle die Auswertung des Materials, was die Baukommission der Presse vorsetzte.

Als PDF sind es neun Seiten mit acht Bildern, wobei eines davon so herausragend gewesen sein muß, daß es doppelt gezeigt wurde. Herr Wischer wird sicherlich freundlicherweise die Bilder bereitstellen, während ich parallel hierzu nur die verbale Beschreibung formuliere.

Die "Visualisierung"

Doppelt und damit vermutlich besonders wichtig scheint ein Ausblick aus dem Hauptfoyer der Universität zu sein. Plötzlich steht da ein Laubwald. Gewandhaus, „Lunkenbein“ und „City-Hochhaus“ sind verschwunden. In einer überdimensionierten Wartehalle mit sicherlich über zehn Meter hohen blanken Glasflächen und einer ganzen zig Meter langen Glasfront hasten Menschen durch den Raum. Im ersten Moment denkt man, es ist eine ICE-Haltestelle mit stehendem Triebwagen. Die Menschen schwirren beziehungslos umher.

Eben jene Leute im Vordergrund finden sich unter anderer Kulisse, das vermutlich einen Foyerbereich darstellen soll, deckungsgleich und ungerührt wieder ein. Aufgrund des angedeuteten Materials ist auch nur erahnbar, daß eine vermutlich griechisch-römische Wandplastik in eine Wand eingebracht ist. Ansonsten glänzen glatte, fliesenhafte Flächen das Bild, in dem sich grandiose Spiegelungen ergeben. Auch hier schwirren unscharfe Gestalten beziehungslos umher.

In beiden Innendarstellungen der Aula setzt sich dies fort, wo hemdsärmelige Typen herumstehen, die nicht recht wissen, was sie da sollen. Jemand zieht mit Einkaufsbeutel seines Weges. Ostasiatische Studenten, die nichts mit der Inneneinrichtung zu tun haben, hauchen den Eindruck von Internationalität ein. Sie selbst sind auch transparent, da Pfeiler und Fußboden durch sie hindurchscheinen.

Die Klimakatastrophe scheint so weit fortgeschritten, daß – wie der Gast am 31.1.2007 bereits bemerkte – die Sonne weiterhin von Norden in die Aula scheint.

Der Innenraum selbst gleicht auch hier einer überdimensionierten Turn- oder Wartehalle. Es ist eine auswechselbare leere Hülle, die als Industriebau auch in Plagwitz, Salzgitter oder Kassel stehen könnte. Der spiegelglatte Fußboden assoziiert mehr eine Eislaufarena.

Lediglich ein uniformiertes, CAD-reines Kreuzgittergewölbe ist als historisches Zitat samt Fenstern entnommen. Dabei ist unerheblich, ob sich einzelne Pfeiler nun an einigen Stellen in Luft auslösen oder „nach unten durchgezogen werden“. Mit der Leipziger Universitätskirche St. Pauli hat dies nichts mehr gemein.

Lediglich im gezeigten Grundriß sind Veränderungen bezüglich des Auditorium Maximums erkennbar, das nicht mehr eckig, sondern etwas aufgeblasen angedeutet wird. Und die Abbildung der Außenfassade strahlt bis auf ein rundes Alibifenster gähnende Langeweile aus. Sie bestärkt die Häßlichkeit des jetzigen Augustusplatzes mit dem folgerichtig leerstehenden Hochhaus.

Wichtig indes bleibt allerdings festzuhalten, daß das Design als aus dem Jahre 2007 gekennzeichnet ist. D.h. es hat sich seit Abgabetermin des Wettbewerbs vor knapp drei Jahren im März 2004 trotz vier Projektleitern nichts qualitativ Verbesserndes getan.

Dies ist allerdings verständlich, da das Büro van Egeraats wußte, daß die Voraussetzungen des Wettbewerbs eine internationale Kulturschande darstellen, in dem die Bau-, Geistes- und Kulturgeschichte geklittert wurde und mit den abstrusen und kulturfeindlichen Forderungen der Leipziger Universitätsleitung kein Fortschritt erzielbar war im einstigen Ansatz van Egeraats, Kultur wieder nach Leipzig bringen zu wollen.

So konnte seit 2004, als Julia Hausmann, die damals im van Egeraats Büro das Projekt begleitete und ihm mit zum Sieg verhalf, und wofür ich meine Materialien zur Verfügung stellte, nichts Gescheites entstehen. Daher konnte ich Frau Hausmann im Mai 2004 nur abschließend mitteilen: „Naja, im Prinzip sind Sie ja zu bedauern aufgrund des Ausschreibungsmülls... Aber ich hoffe, der Wettbewerb hat wenigstens Ihrer Portokasse geholfen.“

Fazit

Als Fazit der Vorlagen des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen (Pressemitteilung 18/2007) vom 30.01.2007 und der „Visualisierung/Präsentation“ läßt sich vieles konstatieren. Drei Punkt greife ich dabei heraus:

1. Es gibt nach wie vor keinerlei vertretbare entscheidungsreife Vorlagen.

Jeder private Lotto-Millionär würde sein Geld sorgsamer ausgeben als Herr Dr. Voß öffentliche Gelder.

2. Das Niveau der Vorlagen ist erschreckend.

Ein Student hätte nach entsprechender Einführung in wenigen Wochen mehr geleistet als die „Baukommission“ bzw. der Staatssekretär in einem Jahr.

3. Absolutistische Herangehensweise

Wir wissen nicht, was die Baukommission „geklärt“ hat. Der Eindruck für den Bürger ist: Mit der Pfuschplanung der Mensa, die schon über anderthalb Jahre nachhängt und jeden Tag mehr öffentliche Gelder frißt, hat es nicht geklappt. Da wird eben an einer anderen Stelle angefangen...

Wohlgemerkt muß man davon ausgehen, daß es sich um intelligente Menschen handelt, die in der Baukommission saßen, d.h. sie handeln vorsätzlich.

Die gesamte Planung kann allein dahingehend ad absurdum geführt werden, da das eigentliche Kunstgut der Leipziger Universitätskirche St. Pauli gar nicht in die jetzige „Turnhalle“ und Foyers paßt, es sei denn die Leipziger Universitätsleitung folgt den nationalsozialistischen Plänen von Lossow aus den Jahren 1936-1937.

Hier ist mal ein Ausschnitt einer 200 Meter langen Wand, auf denen die Konturen der Kunstwerke aus einem 3D-Modell gezeigt sind. Man beachte, die Epitaphien von Heideck, Lange, Olearius, Hommel und Ryssel haben Höhen von über vier Meter.

Die eigentliche Frage ist daher eine andere. Was wird dem Bürger vorenthalten?

Auf die meisten Punkt wurde bereits im Artikel „Transparenz“ aufmerksam gemacht.

Daher beschränke ich mich auch hier auf drei Punkte.

1.

Der aberwitzigste Punkt ist die Unterbringung von Mathematik und Informatik auf Nord- oder Südseiten über der „Turnhalle“.

Hat das mal jemand durchgerechnet hinsichtlich Praktikabilität, Energieaufwand, Nachfolgekosten??

2.

Seminargebäude

Tunlichst vermieden wurde beim „Andocken an die sozialistischen Bauten“, daß diverse Altkader immer noch an dem verschlissenen Seminargebäude hängen und es sanieren lassen wollen, obwohl es wie das Hauptgebäude funktional mißraten ist, ahistorisch dem Paulinum den Platz nimmt und die Universitätsstraße zum unattraktiven Gelände degradiert.

PS: Da Prof. Franz Häuser erneut Etikettenschwindel betreibt, indem er, um von der Aula-Diskussion wegzukommen, es einfach fälschend nun unter „Paulinum“ firmieren lassen will, hier nochmals zur die Ansicht das rechtsseitige Paulinum in einer Montage.

3. Die Grimmaische Straße

Das Fürstenhaus eines der wichtigsten Gebäude der Universitätsgeschichte nach der Universitätskirche, was im Krieg nach dem letzten Bombenangriff fast vollends zerstört wurde. In den Planungen wurde es wie vieles andere unterschlagen.

und hier in der Montage:

Leipzig braucht keine solchen neuen „Kotzbrocken“ in der historischen Innenstadt mehr, sondern die Baukultur, die über Jahrhunderte ihre Unverwechselbarkeit prägte und die von der Leipziger Universitätsleitung wie an der Grimmaischen Straße vorsätzlich und kulturbarbarisch mißachtet wurde.

Wenn solche Kästen wie in der Lokalpresse am Sonnabend gezeigt, entstehen sollen, kann man das Geld sparen, und die wissenschaftlichen Bereiche können nach Sanierung umgehend dorthin ziehen, von wo aus zahlreiche Personen in unterschiedlichen Positionen, die geschichtsklitternd in Planungen und Diskussionen eingegriffen haben, ihre Anleitung bekamen.

Hier stand einst die vierte Wirkungsstätte von Johann Sebastian Bach, die Matthäikirche, und man sieht, was SED und Stasi, da die Kirche im Krieg schwer zerstört wurde, Attraktives daraus gemacht haben. Eben derartige städtebauliche Cluster sollen nun auch auf den historischen Kern der Universität Leipzig übertragen werden?

Es reicht.

Wie immer geht es mir nicht darum, Recht zu haben, sondern die Sache im Sinne der Allgemeinheit öffentlich zu dokumentieren, damit sich jeder selbst die Sachkenntnis verschaffen und von sich aus entsprechend handeln kann. In diesem Sinne hoffe ich für die Kulturwelt und die Leipziger Bürger, daß auch hier wieder Heimat und Identität einziehen kann.

***

aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (14853)

geschrieben am 05. Februar 2007 10:10:09:

Nachtrag

Als Ergänzung eschrieben am 05. Februar 2007 04:12:15:

Korrekterweise sei nachgetragen, daß mir Herr Hoyer telefonisch vor 40 Minuten einen neuen Termin vorschlagen wollte.

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aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (14897)

geschrieben am 06. Februar 2007 09:19:46:

Re: Nachtrag

Als Antwort auf: Re: Nachtrag geschrieben von Michael Weiss am 06. Februar 2007 06:30:00:

>>Korrekterweise sei nachgetragen, daß mir Herr Hoyer telefonisch vor 40 Minuten einen neuen Termin vorschlagen wollte.

>Hat er irgendeine Begruendung fuer den versaeumten ersten Termin angeboten?

Nein.

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aus dem Forum Wiederaufbau Paulinerkirche Leipzig (14969)

geschrieben am 07. Februar 2007 18:20:15:

Re: Nachtrag

Als Antwort auf: Re: Nachtrag geschrieben von Michael Weiss am 07. Februar 2007 04:53:26:

>>>>Korrekterweise sei nachgetragen, daß mir Herr Hoyer telefonisch vor 40 Minuten einen neuen Termin vorschlagen wollte.

>>>Hat er irgendeine Begruendung fuer den versaeumten ersten Termin angeboten?

>>Nein.

>

>Entschuldigen Sie, lieber Herr Zumpe, wenn ich da noch nicht ganz locker lasse. Wie hat man sich das konkret vorzustellen? Der Mann ruft an und sagt, Herr Zumpe, ich schlage Ihnen folgenden neuen Termin vor, ohne darauf einzugehen, warum das ueberhaupt Sinn macht (i.e., weil der alte Termin nicht stattgefunden hat)?

Genau, Begründungen oder Inhaltliches kam überhaupt nicht rüber.