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D. Martin Luthers

Einweihungspredigt,

die er zu Leipzig in der renovirten Paulinerkirche am 12. Aug. 1545 gehalten.

Nebst einer kurzen Nachricht von dieser Kirche.

Leipzig, bei Paul Friedrich Vogel 1817.

Kurze Nachricht von der P a u l i n e r k i r c h e zu Leipzig.

Die im Monat October dieses Jahres bevorstehende Einweihung der hiesigen Universitätskirche, seit der letzten, in unsrer Nähe gelieferten Schlacht - traurigen Andenkens - nicht hat zum öffentlichen Gottesdienste gebraucht werden können, weil sie viele kranke und verwundete Soldaten beherbergen mußte, und nach Entlassung derselben einer gänzlichen Ausbesserung bedurfte, ist die Veranlassung des Abdrucks dieser vom unsterblichen Luther, im Jahre 1545 am 12ten August, über das gewöhnliche Evangelium am 10ten Sonntage nach Trinitatis (Luc. 19., 41-48.) gehaltenen Einweihungspredigt, der letzten, welche er hier in Leipzig hielt, denn im folgenden 1546sten schloß er am 18ten Februar, in seinem Geburtsorte Eisleben, wohin ihn die Grafen von Mannsfeld aus Wittenberg gerufen hatten, um einige Streitigkeiten dort beizulegen, sein Leben, das mit vielen und großen Gefahren verknüpft, aber für die Menschheit und besonders für unser Vaterland sehr segensvoll war. Eine kurze Nachricht von dieser, im Gothischen Geschmack, mit dem Kloster zugleich angefangenen und vollendeten Kirche, wird daher den Lesern vielleicht nicht unangenehm seyn.

Sie ist mit ihrem Kloster, dem Paulinum, der Zeit nach, die dritte, welche in unserer Stadt erbaut ward; das wichtigste Kloster, das Augustinerkloster zu St. Thomas, nebst der Kirche, die auch dem Evangelisten Johannes und dem heil. Augustinus geweiht war, stiftete Markgraf Dietrich im Jahre 1222 1); das zweite war das Nonnenkloster des Benediktinerordens zu St. Georgen und stand, zwischen dem Schlosse und dem Petersthore, da, wo jetzt die Nonnenmühle ist. Das Paulinerkloster ward auf dem Platze, auf welchem ehemals das dritte, vom Markgrafen Dietrich, den hiesigen Bürgern zum Trotz erbaute, und nachher vom Landgrafen Ludwig abgebrochene Schloß stand, von Dominikanermönchen, welche von Grimma herüber gewandert waren, mit Bewilligung des hiesigen Stadtraths, der ihnen jenen Platz im Jahre 1229 schenkte, errichtet. Von den Steinen des eingerissenen Schlosses bauten sie eine Kirche, und weihten sie dem Apostel Paulus, dessen steinerne Bildsäule in Lebensgröße bisher in einer mit eisernen Stäben versehenen Nische neben dem Eingange des Kirchhofs stand, und jetzt etwas höher aufgestellt werden wird. Das Schwert, das sie in der rechten Hand hielt, war schon vor der letzten Invasion der Franzosen verschwunden. In dieser Kirche, in den auf der Mittagsseite befindlichen Kreuzgängen , und auf dem auf der Mitternachtsseite angränzenden Kirchhofe sind viele Grüfte. Die Schwibbögen des letztern sind seit dem Monat März abgebrochen und an der: Zwingerwand in Niederlagen, an der Grimmaischen Gasse in Gewölbe umgewandelt worden, die ein Schieferdach deckt. Unter den Grabmählern am Altar sind merkwürdig: das des Markgrafen Dietzmanns, der im Jahre 1307 durch einen Meuchelmörder, angeblich auf Anstiften des Grafen Philipps von Nassau und des Abts zu Pegau, in der Christnacht im Chor der hiesigen Thomaskirche, ermordet ward, und dessen, auf einer hölzernen Tafel mit vergoldeten Buchstaben stehende lateinische Inschrift Stella verf ertigt haben soll; und das des Ablaskrämers Tetzels, welcher durch seinen Ablaßhandel vorzüglich die durch Luthern unternommene Reformation veranlaßte, und am 4ten July 1519 im Dominikanerkloster starb. Die steinerne Abbildung aber, die man noch in der Seitenhalle, neben dem Altar an der Mauer steht, stellt nicht, wie man wähnt, Tetzeln, sondern den 1495 hier verstorbenen Prof. Andreas Rüdiger vor. Da nachher (nach Manchen, im Schwedenkriege, 1643, wegen der Erweiterung des Stadtgrabens) die Kirche eingerückt, und der hohe Chor, wo der Hochaltar gestanden, abgebrochen worden ist, so muß man Tetzels Ueberreste im Zwinger oder gar im Stadtgraben, nicht in der Kirche suchen.

Lange Zeit hat man behauptet, Tetzels Geldkasten, in welchen die getäuschten Sünder ihr Geld für die Ablaßzettel legen mußten, werde in dieser Kirche aufbewahrt, das ist aber nicht gegründet.

Dietzmanns Leichnam ist damals zwar herausgenommen, aber in dem jetzigen neuen Chor vor dem Hochaltare wieder beigesetzt worden. In dieser Gegend liegt auch die 1484 in Meißen verstorbene Gemahlin des Churfürsten Ernst's Elisabeth, und der weiter unten genannte, 1547 entschlafene D. Caspar Börner, aber der berühmte Camerarius, Luthers Freund, auf welchen man hier eine lateische, von D. Freyhub verfertigte Grabschrift liest, ist auf dem Kirchhofe begraben. In der vorhin erwähnten Seitenhalle konnten bisher die Decemvirn 2), wenn sie es verlangten, beigesetzt werden, dort ruht auch der verdienstvolle Böhme, der im Jahre 1780 starb und seine ansehnliche Bibliothek der Universität vermachte.

Diese Kirche, welche eine vortreffliche Orgel hat, wurde im Jahr 1240 im Beiseyn des Erzbischofs von Magdeburg, Hildebrands, des Bischofs zu Meißen, Conrads, und des Bischofs zu Naumburg, Engelhard's, vom Bischof zu Merseburg, Friedrich, eingeweiht.

Nach dem Tode des Herzogs zu Sachsen Georg, (1539) machte sein Bruder Heinrich Anstalten, die Reformation in seinem Lande, vorzüglich in Leipzig, einzuführen; ließ die Ordensbrüder der drei Klöster durch Luthern und lutherische Theologen und Visitatoren verabschieden, und schrieb an den Churfürsten Johann Friedrich, daß er ihm Luthern und andere Theologen nach Leipzig schicken möchte, um ihm bei seinem Vorhaben beizustehen. Der Churfürst kam selbst mit Luthern, Melanchthon, Justus Jonas und andern Gelehrten, und am heiligen Pfingstabend hielt Luther die erste evangelische Predigt auf dem Schlosse Pleissenburg über die Eingangsworte des Evangeliums am Pfingsttage Joh. 14, 23. Die Frühpredigt am letztern, die er sich wegen Kopfschwäche nicht zu halten getraut hatte, hielt Justus Jonas, aber Nachmittags predigte er in der Nicolaikirche über die Festepistel, Apostelgeschichte 2, 1 - 13. von der Ausgießung des heil. Geistes, von seiner Zukunft und (von seinem) Amte; der ganze Gottesdienst ward in deutscher Sprache gehalten, auch sang man Luthers Lieder, und die Freude der Einwohner der ganzen Stadt war unbeschreiblich groß. Im Jahre 1543 schenkte Herzog Moritz, der seinem Vater Heinrich in der Regierung folgte, der Universität das Paulinerkloster mit der Kirche und allen seinen Gebäuden, auf Bitten des damaligen Rectors Prof. Caspar Börners, welcher zu ihm reiste, und fünf Jahre lang dasselbe bauen und ausbessern ließ. Zu diesem Zweck gab Herzog Moritz 2000 Gulden, und die Kassen der Facultäten schossen auch Geld vor. Die völlige Ausbesserung der Kirche, die seit der Reformation geschlossen worden war, erfolgte im Jahre 1544, in welchem sie auch durch die Aufführung einer Musik, durch eine Predigt, welche der Licentiat Antonius Musa hielt, und durch zwei lateinische Reden des D. Alexander Alesius Scotus 3) und des Licentiaten Bernhard Zieglers eingeweiht ward. Im folgenden Jahre kam Luther nach Leip zig und hielt den 12ten August, am Mittwoch nach dem 10ten Sonntage nach Trinitatis, auf seines Freundes Camerarius, bei welchem er einkehrte, und auf andrer Freunde Zureden die hier abgedruckte Predigt über das gewöhnliche Evangelium, daher nennt man sie die Einweihungspredigt.

Im Jahre 1710 ward die Kirche unter dem Rectorate des D. Rivinus abermals ausgebessert und am 11ten Sonntage nach Trinitatis, den 3rten August von D. Olearius durch eine Predigt eingeweiht, in welcher er von der wahren Herrlichkeit eines wohleingerichteten Gottesdienstes redete.

Die jetzige Wiederherstellung und Verschönerung der Kirche, so wie die Wegräumung der Todengrüfte, die einer Stadt weder zur Zierde noch zur Beförderung der Gesundheit dienen, erfolgte unter dem verdienstvollen Herrn Hofrath und Professor Wieland, welcher seit dem October des verflossenen Jahres das Rectorat der Akademie verwaltete, und in des oben genannten Börners Fußtapfen trat.
1) Dieses erste Gebäude ward 1482 abgetragen, und der Bau des jetzigen angefangen und 1496 vollendet.
2) Zehnmänner, welche die Aufsicht über das Paulinum führen.
3) Prof. Ales ober Alesse aus Edinburg in Schottland.

Predigt

von der schrecklichen Blindheit und Undankbarkeit der argen Welt, so Gottes gnädige Heimsuchung nicht erkennet sc.

Ueber das Evangelium am roten Sonntage nach Trinitatis, Lucä 19, V. 41 ff.

Lieben Freunde, wir haben im Evangelio des vergangenen Sonntags gehört, wie Christus vor seinem Einziehen zu Jerusalem, über die Stadt geweint, und ihre endliche Zerstörung verkündigt hat; und das darum, daß Sie nicht erkannt hat die Zeit ihrer Heimsuchung. Item, wie Er darnach in den Tempel gegangen, und daselbst ausgestoßen die Käufer und Verkäufer, und gesagt: Mein Haus soll ein Bethaus heißen, ihr aber habt's zu einer Mördergrube gemacht.

Dieses sind beides treffliche Worte, und sehr harte Reden, sonderlich, daß der liebe Herr sagt, daß die heilige Stadt Jerusalem, und der herrliche Tempel soll zu Grunde zerstört werden, darum, daß sie nicht erkannt haben die Zeit, darinne sie heimgesucht sind. Und wäre wohl ein Wort, das billig jedermann mit Furcht und Zittern annehmen und behalten sollte: denn es ist aus großem Ernst und (wie gehört) mit herzlichen Thränen geredet: Du hast die Zeit deiner Heimsuchung nicht erkennenwollen. Denn Heimsuchung heißt in der hebräischen Sprache, wenn Gott zu uns kommt, und anklopfet, bringt mit sich alle seine göttlichen Güter. Gleichwie Zacharias, der Vater Johannes des Täufers, in seinem Gesange Luc. 2, V. 68. auch redet: Gelobet sey der Herr, der Gott Israel, denn er ha t sein Volk heimgesuchet, und eine große Erlösung gemacht. Also heißt es hier: Gott hat uns visitirt, oder heimgesucht, daß er zu uns kommt: nicht, daß er etwas von uns empfahe oder nehme; sondern daß er uns bringe und gebe, daß es eigentlich heiße, einen armen Bettler, und elenden verlornen Menschen besucht, den der Teufel gefangen hat, im tiefsten, schwersten Kerker der Sünde, des Todes, und der Hölle. Zu solchen fähret herab der Sohn Gottes, in unser Elend, Jammer, Tod, und Grab, und beut uns einen guten Morgen, und seligen Gruß, spricht, wir sollen fröhlich seyn, Er wolle uns erlösen von aller Noth, und alles Gutes geben: das ist seine Visitation, oder Heimsuchung.

Was thun aber hierzu, die da heimgesucht werden? Hier ist nun die Klage, (spricht Er,) und fürwahr ein sehr jämmerliches Klagen, daß man solches unaussprechlichen Guts, so er bringt, nicht soll froh seyn, noch mit Dank annehmen, sondern über die große Undankbarkeit, auch helfen verfolgen und verjagen; dazu ermorden, beide, den lieben Gast und Herrn, der uns heimsucht, sammt seiner Heimsuchung. Das ist je ein schrecklich Wort zu hören, und eine gräuliche scheusliche Farbe, damit die Welt abgemalt wird, daß sie heißt, die blinde undankbare Welt, die da ihren Herrn, und desselben gnädiges Heimsuchen, nicht will kennen noch wissen.

Es ist kein Mensch, den man mag für witzig und klug achten, so er in höchster Quaal und Leiden, in Pestilenz oder anderer Seuche läge, der da nicht wollte einen frommen treuen Arzt leiden, wenn er zu ihm käme, und ihm davon helfen könnte und wollte; und wo etwann ein solcher wäre, davon würde jedermann müssen sagen, daß er über seine Leibeskrankheit auch toll, unsinnig, und besessen wäre, und mit Ketten gebunden müßte werden, als der seiner Sinne gar beraubt. Wie vielmehr müssen die toll und thörigt, rasend und besessen seyn, die in so grausamer Krankheit und Noth liegen, unter Sünde und Tod, daß sie müßten ewiglich verloren seyn, und so zu ihnen kömmt dieser Arzt, der rechte einige Heiland, und Hirte ihrer Seelen, und spricht: Ich will dir helfen, und dich erlösen von Sünden und Todesnoth, Teufel, und allem Unglück, und setzen in das Himmelreich, daß du mit mir sollst ein Erbe seyn des ewigen Lebens, sollen sie so blind und verböset seyn, daß sie solchen lieben Mann, nicht allein undankbarlich verachten, sondern zur Stadt ausjagen, und ans Kreuz schlagen; wie sein eigen Volk zu Jerusalem gethan, und wir jetzt sehn für unsern Augen.

Denn siehe, was wir auch selbst thun, die wir Christen heißen, die großen Könige und Herrn, und sonderlich Bischöfe, Cardinäle sc. Und was nur will klug und heilig seyn, und das beste auf Erden, siehe doch, ob sie nicht toll und thörigt sind? Sie gehen daher in großen Ehren, und Pracht, in güldenen Ketten, Sammt und. Seiden, heißen große kluge Leute, weise Fürsten, und der Welt Regenten, die aus der Maßen wohl regieren können, und stehet ihnen auch an, haben mancherlei gute Geschicklichkeiten an ihnen, daß es sonderlich angesehen wird, was sie reden und thun, und werden, gehalten für die, so sonderlich von Gott erwählt, und ihm die Liebsten sind, der Welt zu Trost und Heil gegeben. Aber da sehe man auf, wenn es beginnt, diese göttliche Visitation oder Heimsuchung zu betreffen, wie sie sich dazu stellen. Hier ist niemand rasender oder wüthiger, weder eben diese, die aller weisesten und klügsten, Päbste, Cardinäle, Bischöfe, Fürsten, große Herrn des Adels, und andere. Ja, wenn es zu diesem Artikel kommt, da ihnen gesagt wird von dieser gnädigen und fröhlichen Heimsuchung, da siehet man doch solche große Undankbarkeit und Verachtung, daß einem frommen Christen möchte das Herz brechen, ja, daß auch der Herr selbst sich nicht kann enthalten, Er muß darüber weinen, da Er die Stadt ansiehet, und solche jämmerliche Klage führen.

Denn ist es nicht eine jämmerliche Klage, daß die Hohenpriester, die ansehnlichsten und vornehmsten Leute, Herr Hannas und Caiphas, und das ganze Geschlecht der Priester und Leviten, dazu die zwei und siebzig Fürsten im Rathe zu Jerusalem, die so weislich regieren, und haben so schönen Gottesdienst, unter denen das Volk ging in schönem Regiment, Zucht, und Gehorsam, und war nur alles auf's allerhöchste anzusehen, daß wir jetzt solches Regiments keines sehen, noch unter den Heiden gesehen ist, wie bei den Juden unter Mose. Siehe aber, was thun sie? Daß man sagen muß, daß sie blind, toll und thöricht sind, hängen ihren lieben Heiland ans Kreuz, der ihnen aus allen Nöthen helfen will? Also ist's gegangen, und geht noch allenthalben in der Welt, wenn man die Augen will aufthun; da sind viel weise, kluge und vernünftige Leute, (das müssen wir bekennen) auch gelehrt, ehrbar und fromm; aber wenn sie das Wort oder Predigt des Evangelii von Christo hören, das ihnen verkündiget Erlösung vom Tode, und ewiges Leben, nur hinweg (schreien sie), und flugs alle todt, todtgeschlagen, die solches predigen.

Ist aber das nicht ein jämmerlich Ding? Wenn doch das Evangelium käme, als ein greulicher Tyrann oder Türke, und nur die Leute schreckte, und plagte, nähme ihnen ihr Gut, und schlüge sie da zu Tode, wäre es nicht zu wundern, so man ihm feind würde? Nun kann ihm ja niemand solches Schuld geben, es thut niemand keinen Schaden, läßt dir und jedermann was er hat, Weib, Mann, Kind, Haus, Hof, Güter, Land, Leute, suchet weder Kaiser- noch Königskrone, Regiment, Gewalt, (wie doch der Papst gethan), sondern spricht zu allen Menschen: Behaltet, was ihr habt, ich will und begehre der keines, sondern allein das thue, glaube an den Sohn Gottes, auf daß du ewig selig seyst, wenn dieses Leben aufhöret: denn du wirst diese königliche Krone nicht ewig tragen, noch in dieser Ehre, Gewalt und Gut ewig sitzen; sondern dahin mußt du, da keine Krone, Ehre, Macht, Geld und Gut, nichts mehr seyn wird. Was wird dir alsdann mögen helfen? Nichts: denn Ich will dir helfen; allein nimm mich an mit Dankbarkeit, mehr begehre ich nicht, denn daß du nur glaubest, und diese Heimsuchung erkennest.

Nun siehe, was soll er doch mehr thun? denn das Er aller Welt darbeut: ihre zeitlichen Güter läßt er bleiben, und sie behalten, was sie haben, und dazu die ewigen Güter bringt und ihnen heimträgt: und soll dafür nicht so viel bei ihnen erlangen, daß sie es doch wollten annehmen; sondern damit so viel verdient, daß sie keinem Dinge auf dem Erdboden feinder werden, denn dem, der solches verkündiget. Das geht ja nicht menschlich noch natürlich zu; sonst müßte es also zugehen, wie die Natur alle Menschen lehrt: Wer mir Gutes thut und bringt, daß ich dem danke, und ihn lieb habe. Wer nun den nicht will annehmen noch dankbar seyn, der da zeitlich Gut und das Leben gegeben hat, und dazu das Ewige schenkt, das muß nicht natürlich noch menschlich Ding seyn, (denn es ist wider die Vernunft und aller Menschen Sinne), sondern der leidige Teufel aus der Hölle, der die Leute, beide mit Leib und Seele besessen hat.

Wer will aber hier so kühn seyn, der dem Pabst, Cardinälen, den Bischöfen, Königen, Fürsten und reichen Junkern vom Adel und andern dürfe sagen, Ihr seyd voller Teufel, ob es wohl die bittere Wahrheit ist? Aber wer es ihnen sagen will, der warte auch, daß er den Kopf herhalte, und lasse von ihm sagen, er sey aufrührisch, und rede denen besten, weisesten, heiligsten Leuten an ihre Ehre; wie sie jetzt sagen, wenn man ihre öffentlichen Laster straft. Wie können wir aber anders thun? Denn eigene Vernunft muß es sagen, (wenn sie es sagen will), daß du müssest vom Teufel besessen seyn, so du wissentlich das Evangelium verfolgest. Ursache ist diese: denn Gott bringt und trägt dir zu eitel zeitlich und ewig Gut, und kann so viel nicht bei dir erheben, daß du es mit Dank annehmest, sondern verfolgest es dazu, und ist dir eitel Gift.

Ja, sprichst du, das könnten wir leiden, daß Er uns zeitlich Gut genug gebe und ewiges dazu; aber das Evangelium straft und verbeut uns gleichwohl unsern Gottesdienst, Messen, Möncherei sc. Antwort: Ja, bist du zerrissen: so höre ich wohl, du hast nicht darüber zu klagen, daß man dir etwas nehme an Leib oder Seele, oder nichts Gutes gebe; sondern darum ist dies zu thun, daß man deinen Willen nicht will geschehen lassen. Das ist nicht Gottes noch des Evangelii Schuld, sondern dein eigner böser Wille, und nichts mehr, (denn du konntest ohne das wohl haben und behalten, was du hast), und weißt doch selbst, daß du unrecht hast und führest ein sündlich verdammlich Leben. Das ist die Sache gar, dein Willchen soll so fort gehen, aber Gottes Wille soll hinter sich gehen; und daß du dich selbst, und andere mit dir, verführest und verderbest, das soll dir Gott lassen gut seyn, und soll nicht sagen: Hast Du nicht genug daran, daß er dir zeitliches und ewiges Leben geben will; sondern willst das auch dazu haben, daß er lasse dich und andere Leute in deinem sündlichen Wesen bleiben?

Das soll und kann Er dir nicht gestatten: denn es ist stracks wider die Heimsuchung; sintemal Er eben darum dich heimsuchet, weil der Teufel und seine Apostel dich von der Wahrheit auf die Lügen geführet, und dich gelehret zu vertrauen auf dein Gaukelwerk and Abgötterei: da will Er dir von helfen, daß du der Lügen los, gezieret mit eitel Wahrheit und also von der Teufels- und der Höllengewalt frei werdest. So schreiest du hinwieder: Nein, nein, das will ich nicht, das stehet mir nicht zu leiden, daß man mein Ding wolle Lügen und Unrecht heißen, sondern es soll es jedermann für göttliche, christliche Wahrheit halten, oder (wie sie jetzt sagen und rühmen), für die löbliche althergebrachte christliche Religion.

Ja, hörest du aber nicht, daß dieser Text und Historie anders sagt, daß Jesus in den Tempel Gottes gehet, und allda umstößet und herauswirft. Das verstunden die Hohenpriester auch nicht, daß es hieße visitirt, oder gnädiglich heimgesuchet; sondern hieltens dafür, daß es ihre große Unehre und Schmach, und ihrer löblichen Religion und des heiligen Tempels Gottes war. Nein, ( spricht Er ), das gehöret auch zur Heimsuchung: wollt ihr die Wahrheit haben, so muß ich die Lügen strafen, und euch davon weisen , daß ihr nicht eure Religion oder Gottesdienst setzet auf die Krämerei, die ihr hierinnen treibet sc. Hier hätten sie auch mögen sagen, wie jetzt der Pabst und die Seinen: Ja, das ist unsere alte hergebrachte Religion, und christlicher Glaube; darum wollen wir nicht davon lassen, noch leiden, daß man dawider rede sc. Aber Christus sagt also dazu: Eben darum komme ich, daß ich euch lehre, was rechter, alter oder neuer Glaube oder Gottesdienst sey, weil ihr solches schändlich verkehrt habt.

Denn das heißt nicht der alte christliche Glaube, (von unserer Zeit zu reden,) daß ein Pfaffe über dem Altar stehet, und machet eine Messe, die er opfern will für Todte und Lebendige. Denn wo ist das geschrieben, denn in des Pabstes Rauchloch, und der Mönche Marcolfo 1), ein neu Fündlein von ihnen selbst erdacht; darum soll man's nicht nennen noch halten für den alten Glauben; sondern den, so wir von Christo durch den Apostel empfangen , da er über Tische im Abendmahl seinen Jüngern hat gegeben seinen Leib und sein Blut, nicht zu opfern, sondern zu essen und trinken, zu stärken den Glauben der Vergebung der Sünden, wie seine Worte lauten. Das ist die erste alte Ordnung Christi, so man billig nennet den christliche, althergebrachten Glauben. Aber unsere Papisten führen die schönen guten Worte, christlich, althergebracht sc., auf ihre Lügen, so sie lange hernach in die Kirche eingeführet.

Also thaten jene, der Juden Pfaffen auch; ihren althergebrachten, christlichen Glauben hießen sie das Kaufen und Verkaufen für den Tempel, da sie hatten Gehege und Ställe für Schafe und Kälber, ferner Hühner und Tauben sc. Das war alles geordnet zum Gottesdienst, daß die Leute, so allenthalben aus dem Lande gen Jerusalem kamen, da ihr Opfer kauften, daß sie dem rechten Gott opferten. Denn dazumal war kein Abgott im Tempel, sondern rein von allerlei Abgötterei, und ward mit dem Opfer nichts gesucht, denn der rechte wahrhaftige Gott, der Himmel und Erden geschaffen, und dieses Volk erlöset hatte. Darum trotzten sie auch darauf, und sprachen: Wer das will hindern, der setzet sich wider unsern alten Glauben und Gottesdienst sc. Was konnte der gemeine Mann hiewider sagen? Es war ja die Wahrheit, es geschah alles um Gottes willen, daß man ihm opferte, wie er selbst in diesem Volk geordnet hatte. Das mußten sie alle lassen recht seyn, als den rechten Gottesdienst, den die Hohenpriester sollten handhaben. Und dieser Jesus von Nazareth kommt, da Er den Tempel vistitiren will, und stößet alles über einen Haufen. Sollte man solchen Ketzer nicht tödten und verdammen, der den rechten Gottesdienst so schmählich handelt? schlägt und schmeißet unter sie, wie unter tolle Hunde, zum Tempel hinaus.

Summa, es heißt ja ärgerlich und übel genug gehandelt, daß man den ordentlichen Gottesdienst also angreifen soll. Wenn er doch hätte etwas anderes aus dem Tempel geworfen, das nicht zu Gottes Dienst gehörte, das hätten sie wohl können leiden. Aber das da sonderlich geordnet zum Opfer, dazu jedermann gerne geben und helfen sollte, solches alles zu nichte machen, und dazu eine Mördergrube heißen, das ist ja zu hoch gelästert, und gar nicht zu leiden. Denn es lautet eben so lästerlich, als wenn ich jetzt sagte: Des Pabsts, Cardinäle, Bischöfe, Pfaffen und Mönche, Kirchen, Stifter, Klöster, mit ihren Gottesdiensten, sind eitel Mördergruben, eben da sie am heiligsten sind. Eben also hat's auch gelautet in der Hohenpriester Hannas und Caiphas Ohren, und der andern, daß sie für billig und recht haben gehalten, ihm zu antworten: Ei das heißt dich der leidige Teufel reden, daß du Bösewicht, so vorlängst geordneten und wohlhergebrachten Gottesdienst also darfst vernichten, und denen Leuten wehren, daß sie Gott in seinem Hause nicht dienen noch opfern sollen. Wie sie es denn haben können groß aufblasen.

Aber solches läßt er sich nichts irren, noch anfechten. Lieben Herren, (spricht Er), die Visitation will es nicht anders leiden; Ich bin kommen, daß ich soll Visitator seyn, euch heimsuchen, und alles Gutes bringen, das leibliche euch lassen, und das Geistliche dazu schenken. Aber dazu kann ich nicht kommen, ich muß rumoren lernen und das Geschmeiß (so die Ursache ist Gottes Zorns über euch und euers Verderbens), ausfegen. Wie ich gesagt habe, daß es diesen Leuten nicht zu thun ist um zeitlich Gut, sondern ihren bösen, falschen Willen zu erhalten, daß sie nicht wollen lassen, was Unrecht ist, und gleichwohl nicht unrecht gethan haben, noch hören, daß ihr Wesen Trügerei, ihre Messen Abgötterei, ihr Mönchleben Teufelei sey; sondern haben den Kopf aufgesetzt, wollen's nicht leiden, und mit den Hörnern wider diesen Herrn laufen, gleichwie die Unsern auch thun.

Nun konnte Er das wohl leiden, daß sie schlachteten und opferten, so viel sie wollten: denn es war ja ihnen von Mose also geordnet: aber das war es, das es verderbte, daß sie damit suchten, nichts denn ihren Genieß, (Genuß, Gewinn) und die Leute dahin führten, daß sie wähnten, durch solch Werk zu verdienen Gottes Gnade, und ewiges Leben. Das ist doch stracks wider diese göttliche Heimsuchung, denn die Propheten zuvor klar also gesagt haben, daß da sollte kommen ihr Heiland, der sie würde erlösen von Sünden, Tod, und allem Uebel, des sollten sie hoffen und warten, und ihre Seligkeit allein auf Ihn setzen. Indeß sollten sie opfern in diesem Tempel, und den äußerlichen Gottesdienst halten, auf daß sie blieben in der Zucht, und in der Weise der Hoffnung Christi.

Nun aber fahren sie zu, und tilgen solchen Glauben und Hoffnung rein aus, und dieses Haus, das da sollte ein Bethaus seyn, (wie Christus aus Jesaia 56, 7 sagt), machen sie zu einem schändlichen Kaufhaufe, ja zur Mördergrube der Seelen. Denn dieser Tempel war auch erstlich nicht fürnehmlich gebaut, um des opfern und schlachtens willen, wie 1 Kön. 8, 37 ff. klar geschrieben stehet. Denn der König Salomo selbst, der ihn gebauet hatte, da er kniet und betet, denselben weihet und ordnet zum Gebet, und spricht daselbst: Wenn etwa Theuerung, Pestilenz, oder ander Unglück über dein Volk kommen wird, und sie hieher kommen werden, oder sonst die Hände ausstrecken, und beten zu diesem Hause, und deinen Nahmen anrufen sc. So wollest du ihr Gebet und Flehen hören im Himmel. Nicht spricht er, Du wollest ihre Werke und Opfer ansehn, daß sie viel Kälber und Schafe, oder Räuchwerk in diesen Tempel bringen; sondern ihr Beten und Flehen wollest du hören.

Also hat er selbst den Tempel gestiftet, fürnehmlich zum Gebet, sonderlich das in der Noth geschehen sollte, wenn sie um ihrer Sünden willen gestraft würden, wie er durch dasselbe ganze Kapitel sagt, daß es nicht hat können heißen, Verdienst ihrer guten Werke und Opfer. Darum ist's recht und wahr, das der Prophet Jesaia, und Christus hier auch sagt, mein Haus soll ein Bethaus heißen sc. Das soll fürnehmlich sein Name seyn, dazu es auch Salomo gebauet hat, (ob er auch wohl darinne geopfert) und seine eigenen Worte lauten allein auf's Beten, und Gottes gnädiges Erhören, daß dieses sollte sein endlicher Brauch und Ordnung seyn, und heißen ein Bethaus aus seiner ersten Stiftung.

Nun aber lassen sie solchen Brauch anstehen, lehren das Volk nicht, wie es beten soll, sondern machen nur ein Räuchhaus und Schlachthaus daraus. Wiewohl Gott das auch hätte können leiden, wo sie dazu gebetet, oder das Volk zum Beten gewiesen hätten. Aber sie trieben allein auf's Opfer, ohne die Lehre und Anrufen. Darüber ward das Haus zu nichts anders, denn zu einer Mördergrube. Denn damit verderbten sie die armen Seelen, daß sie nicht lehreten beten und anrufen, wie sie sollten gethan haben, und gesagt, wie die lieben Propheten, auch David und Salomo selbst. Laßt Opfer Opfer seyn, es ist Gott nicht um's Opfer zu thun, wie Ps. 50, V. 9. 13. Ich will nicht um deines Opfers willen mit dir hadern; sondern darum sollte ihr hieher kommen, daß ihr Gottes Wort höret, lernet recht glauben, beten und anrufen sc. Das thaten Sie nicht, und doch feindlich pochten sie auf ihren Tempel und Opfern sc. Lehrten die Leute, ohne Glauben und Anrufen Gottes, sich darauf verlassen, damit Sie nur dieselben machten zu ihrem Nutzen und Genieß, (Genuß, Gewinn).

Darum kommt nun Christus, und will solchen Wust aus dem Tempel räumen und fegen. Dies Haus (spricht er), ist nicht dazu gebaut, daß es sey euer Viehstall oder Taubenhaus, sondern dazu ist es von Gott geordnet und angenommen, daß es sey ein Bethaus, da man ihn anrufen soll, und er dabei seyn und hören will. Darum auch zu der Zeit das jüdische Volk allenthalben, wo sie waren, in aller Welt, wenn Sie beten wollten, mußten das Angesicht gegen den Tempel zu Jerusalem wenden, auch da sie, gefangen im Elend waren, und der Tempel zerstört war, und also allezeit ihr Gebet heften an die Stätte, um der göttlichen Ordnung willen, die sie auch angenommen hatten, daß sie sollten beten, und Er sie wollte hören. Aber nun sie solcher Stiftung und Ordnung vergessen, und dieselbe verkehret, für Gottes Bethaus, ihr eigen Kaufhaus daraus gemacht, so kann er es auch nicht umgehen, er muß mit seiner Heimsuchung kommen, und den Tempel wieder reinigen von solcher Mordgruberei, auf daß denen armen Seelen geholfen werde, und sie von der Lügen und Verführung zur Erkenntniß der Wahrheit und rechtem Gottesdienst gebracht werden. Daß es billig heißt eine gnädige, heilsame Heimsuchung der Seelen, ob er wohl über die Verführer zürnet und sie straft, daß sie von ihrer Krämerei abstehen sollen.

Solche Heimsuchung gehet jetzt, (Gott Lob) auch unter uns: denn es wird ja durch Gottes Gnade rein und lauter gepredigt, von rechter Gotteserkenntniß und Gottesdienst, wie wir sollen Christen werden, und unsern Heiland Christum im Herzen haben, durch den Glauben, und darnach aus solchem herzlichen Vertrauen Gott anrufen in allem Anliegen und Nöthen. Und ob wir wohl jetzt keine äußerliche Stätte oder Tempel haben, da er sich an gebunden habe, (denn sein Tempel oder Wohnung ist so weit die Welt reichet), so bleibt doch der Brauch noch, daß man noch Stätte oder Häuser hat, da die Christen zusammen kommen, Gottes Wort zu handeln und in gemein mit einander zu beten sc. Das thut unser päbstisch Pfaffen- und Mönchsvolk nicht, sondern beide, die Lehre und Gebet, verkehren und zerstören, und auch lauter Mördergruben aus ihren Kirchen und Klöstern machen. Ja, es kann kein Mönch oder Pfaff anders thun, das weiß ich, und habe es selbst erfahren: denn ich bin auch fünfzehn Jahre ein Mönch gewesen, habe täglich Messe gelesen und den Psalter gebetet, daß ich ihn auch auswendig wußte; und doch in dem allen niemals also gebetet, daß ich mit solchem Herzen oder Gedanken hätte können mein Gebet sprechen: Lieber Gott, ich weiß, daß dir mein Gebet, in Namen und Glauben Christi, deines, lieben Sohnes, gesprochen, wohlgefällt, und gewißlich erhöret ist. Sondern also stunden meine Gedanken. Ich habe meinen Gehorsam des Ordens und der Kirchen gehalten, meine Messe gelesen, meine Siebenzeit gesprochen; wußte nicht, wie ich mit Gott dran war, ob ihm solch' mein Werk angenehm wäre.

Nun bin ich der besten einer gewesen, der solches mit Ernst und Andacht gethan, und habe doch niemals ein Gebet recht können thun, und mit meinen Messen täglich Gott gelästert, daß ich wollte Gott seinen Sohn opfern, und durch solch mein Werk seine Gnade verdienen sc. Aber unsere Papisten machen's noch viel ärger, weil sie ihre Messen auch verkaufen, und alle Kirchen mit solcher Krämerei gefüllt, und sagen, daß solch Werk sey Gott angenehm, und verdienstlich, dem, so es thut (ob er gleich ohne alle Andacht, und guten Fürsatz, ja auch in Todsünden liegt) und andern Lebendigen und Todten, für die es gethan oder gemeynet wird, so er doch selbst solches nicht gläubet, noch die Andern.

Nun aber jetzt auch kömmt ihre Visitation, da Christus solchen Gräuel angreift, und ansähet seinen Tempel zu reinigen, und spricht: Das heißet nicht recht gelehrt, noch geopfert oder Messe gehalten, daß du dahin trittst, weißt nicht, was du thust, und willst doch, (wie du sagst), Gott seinen Sohn opfern für Lebendige und Todte; und dazu solches verkaufest: denn das ist nicht der Einsetzung und Ordnung des Sakraments gemäß; ja es ist eine gräuliche Gotteslästerung, Christi Leib und Blut opfern wollen, das Er uns giebt zu essen und zu trinken, den Glauben zu stärken, daß wir durch sein Blut und Tod, ohne unser Werk und Verdienst, Vergebung der Sünden haben.

Hier scharren sie gleich, wie jene, mit ihrer alten Geige: Ja es ist unser althergebrachter Glaube, und die Kirche hat's nun lange also gehalten. Da schlage kein Glück zu. Weißt du nicht, daß Christus Marc.14, V. 22 ff. also sagt, (wie du Selbst in der Messe liesest, und selbst auf diese Worte deine Messe setzest): Der Herr Jesus Christus in der Nacht, da Er verrathen ward, nahm das Brod, dankete, und brach es, und gab's ihnen, und sprach: Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der für e u ch gegeben wird. Desselbigen gleichen nahm er den Kelch, gab ihnen, und sprach: Trinket alle daraus, das ist der Kelch des neuen Testaments in meinem Blut, das für euch vergossen ist sc.

Da stehet der rechte alte Glaube; da hörest du nichts von deinem Opfern; sondern Christus heißt dich essen und trinken, und diese Worte im Glauben fassen und Gott dafür danken, daß du kannst das Vater Unser recht darauf sprechen, und sagen: Ich habe gebetet, und weiß, daß du mich erhörest sc. Das vermag gewißlich kein Pabst, Cardinal, Bischof, Pfaff oder seine Geistlichen, die da hoch her rühmen, und Scharren vom alten Glauben oder Religion, und wissen doch nicht, was Religion, Glaube oder Gottesdienst ist, und mit ihrer öffentlichen That bezeugen, daß sie nichts sind, denn Seelenmörder, (weil sie nichts lehren, wie man glauben und beten soll) und ihren Bauch nähren, mit Präbenden 2) und Zinsen, darum sie ihre Messen und Möncherei verkaufen. Da ist kein Glaube, Beten, noch einiger Gedanken rechtes christlichen Gottesdiensts.

Siehe, das richtet die Visitation an des Herrn Christi, welcher so da kommt, und alles Gutes bringt, kann Er den Unlust (so der Teufel in die Kirche geschmissen) nicht leiden, er muß die Lügen, so die Seelenmörderei verursacht, ausstäubern: denn es kann nicht beides bei einander stehen, daß ich sollte ein Mönch bleiben, und doch Christum (wie jetzt ) predigen; es muß eines dem andern weichen. Das Bette ist hier zu enge, (spricht Esaias 28, V. 20.) und die Decke zu schmal, daß nicht bei einander können ruhen, Wahrheit und Lügen, Christus mit seinem Glauben, und der Teufel mit seinem Unglauben.

Darum muß wohl folgen diese gnädige Visitation (soll anders Christus über den Teufel die Oberhand behalten), daß er die Krämerei muß abthun. Aber weil der Teufel seine Lügen nicht will aufgedeckt, und die Welt will ihren Willen haben, so hebt sich (wie gesagt), der Hader darauf, wie wir für Augen sehen und erfahren. Wir predigen ja nichts anders, denn wie man recht glauben und Gott anrufen soll, wie Christus in seiner Kirche will gepredigt und gethan haben; und thun das für unsere Bischöfe und Pfaffen, weil sie es selbst nicht thun wollen. Das können sie nicht leiden, verdammen's als Ketzerei, verfolgen und morden so viel fromme Christen darum; darinne sie viel ärger sind, denn die Pfaffen und Pharisäer zu Jerusalem.

Fragst du, was sie doch des für Ursache haben? antworten sie, daß es ist wider den alten hergebrachten Glauben. Was ist das für ein Glaube? Was der Pabst mit seinen Pfaffen und Mönchen glaubt. Wie alt ist derselbe? Zwei oder dreihundert Jahr, von dem an, da sie ihre eigenen Concilia zu Rom gehalten, und gesetzt, was sie gewollt haben, für Artikel des Glaubens. Hier frage ich: Ist solcher Glaube denn nun älter und besser worden, daß er billig der alte hergebrachte Glaube und Religion mag heißen, weder als der, so von Christo selbst gestiftet, und herkommen? Schreiben wir doch alle, nicht von dem Pabstthum zu Rom, sondern von der Geburt unsers Herrn Christi, nun mehr, denn 1500 Jahr; des siehe deine eigene Briefe an.

Sollen denn nun das Arikel unsers christlichen Glaubens heißen, die nicht über 200, ja, deren viel nicht ein hundert Jahr alt sind? Wie denn viel neue päbstliche Artikel aufkommen, und eingerissen sind, bei meinem Gedenken. Denn ich gedenke noch, daß in dieser Kirche und diesen Landen S. Anna (die man hält für Mariens der Jungfrauen, Mutter, und des Herrn Christi Großmutter), nicht bekannt war, und S. Anneberg dem Namen nach, nicht hatte; ohne was hernach S. Joachim, S. Joseph, unser Frauen Psalter, Kronen und Rosenkranz, und sehr unzählig viel närrischer Betbüchlein, von den Mönchen erdacht, aufkommen sind; welches man nun alles bei ihnen heißet: "der alte hergebrachte Glaube." Fürwahr ein schöner Glaube, der nicht so alt ist, als ein Man von sechzig Jahren; und das soll nicht heißen der rechte alte christliche Glaube, der in der Schrift klar und gewiß gegründet; sondern muß eine Neuigkeit heißen, und bei Leib und Leben verboten werden, denselben anzunehmen, oder zu bekennen.

Ist's aber nicht verdrießlich, daß des Herrn Christi Wort, ja der heiligen Väter und Propheten, von Anfang der Welt, bei denen, die sich Christen rühmen, soll heißen ein neuer Glaube? Denn wir ja nichts anders predigen, noch predigen wollen, denn, was du selbst in der Schrift der Propheten und Apostel liesest! Noch soll man das annehmen und halten für Artikel des Glaubens, was ein jeder unverschämter Mönch täglich erdichtet, davon zuvor niemand, auch die Bischöfe selbst nichts gewußt haben, den güldenen Psalter, die sieben güldenen Messen, und unzähliche Wallfahrten zur Eiche, zum Birnbaum sc. Und dagegen des Evangelii Lehre, soll heißen eitel neu Ding. Warum? darum, daß sie es für zwanzig ober dreißig Jahren nicht gepredigt, noch gewußt haben, wollen nicht wissen, (daß sie doch als Lehrer der Christenheit, andere lehren sollten), daß dieses ist die Lehre und der Glaube, der vor 1500 Jahren von Christi Geburt, und zuvor von Anfang der Welt vor 5000 Jahren, durch die Väter und Propheten verkündigt, und klar in der heiligen Schrift gegründet ist: welche sie nicht wollen wissen, sondern unter die Bank gesteckt haben; gleich wie jene Pharisäer und Pfaffen, die recht alte Lehre und Gottesdienst auch verdunkelt haben, wiewohl sie dennoch Moses Gesetz noch für sich hatten.

Darum ist's (sagen wir), um diese Heimsuchung zu thun, welche ist die Predigt des Evangelii, so die vorigen Lügen und Betrug des Teufels nicht leiden kann, sondern dieselbe offenbaret, und ans Licht stellt. Daß nun dawider sich setzen, die ihre neuen Irrthümer und Abgötterei wollen schützen, und nicht lassen zu Schanden werden, und uns darob verfolgen, das müssen wir Gott befehlen. Aber uns laßt doch darzu thun, daß wir die gnädige Heimsuchung unsers lieben Herrn erkennen, und die Predigt zu Herzen nehmen, so Christus hier thut.

Ihr habt gesehn (will Er sagen), die Wunderwerke, so ich und meine Apostel gethan, und selbst gerufen und geschrien, daß Gott sein Volk heimgesucht hat, (wie sie Luc. 7, 16. sagen) und habt es doch nicht erkannt, das ist, ihr habt's nicht wollen annehmen. Denn erkennen, heißt nicht allein mit Augen ansehn, wie die Kuh das Thor ansiehet; sondern von Herzen sich eines Dinges annehmen, wie die Schrift pflegt zu reden. Als 1. B. Mos. 4, 1. Adam erkannte sein Weib Hevam, das heißt mehr denn schlecht ansehn, oder Kinder zeugen, sondern sich als des Seinen herzlich annehmen. Also habt ihr mich wohl gesehen, und erfahren, und wisset, daß ich kommen bin euch heimzusuchen; aber ihr habt euch nichts darum wollen annehmen, noch davon wollen wissen: sondern das Widerspiel thut ihr, setzet euch dawider mit Wüthen und Toben, und könnet nicht aufhören, bis ihr Mich, der Ich euch heimsuche, an's Kreuz bracht habt, daß Ich auch nicht mehr bei euch thun kann, denn daß Ich muß darum weinen, daß ihr so verblendet und halsstarrig seyd, und euer eigen Heil von euch stoßet, und den endlichen Zorn, und euer ewig Verderben über euch führet, und lasset dawider bei euch kein Rathen und Vermahnen, Warnen noch Wehren helfen.

Eben das klagen wir jetzt auch, wider unsern Pabst, Cardinäle, Bischöfe; aber wir sehn, daß es bei ihnen nichts hilft, was wir sagen, vermahnen, strafen, sauer oder süße singen. Aber, wie ich gesagt habe, laßt doch uns das erkennen, und dankbar seyn, und fest halten an Gottes Wort, denn wir dürfen auch nicht zweifeln, es wird nicht anders geschehen, es muß dem Pabste mit allen denen, so an ihm hangen, endlich gehen, wie jenen zu Jerusalem. Thut es nicht der Türke, oder etwa eine andere Herrschaft; so wird es in kurzen thun der jüngste Tag, ob er's wohl jetzt verachtet, und nicht glauben will, sondern verfolget und mordet darüber die Christen, so ihn nicht anbeten, und meynet seine Tyrannei mit Gewalt zu erhalten. Ja solch Toben und Wüthen ist eben das rechte Wahrzeichen, (wie es bei ihnen auch war), daß es bald dazu kommen soll, daß es auch endlich zerstört, und, wie Christus hier sagt, kein Stein auf dem andern bleibe, das ist, daß ihr Ding sammt ihnen zu Grunde ausgerottet werde.

Ohne daß Gott noch säuberlich und leise ansähet, schlägt noch nicht mit dem Schwerte drein, durch Krieg und Blutvergießen; sondern locket die Leute herzu, durch sein Wort, reiniget und feget also die Klöster und Stifte, und die Seinen fein ausschelet, und sondert von dem andern Haufen; Wie Er dort auch that da er das gute Korn ausgedroschen, in seine Scheunen gesammelt hatte, wollte er darnach nicht länger ledig Stroh dreschen; sondern da nichts mehr, denn lauter Spreu da war, zündete er sie an über einen Haufen, und machte es zu Asche.

Also drischet er auch jetzt, und sammlet seine Körnlein zusammen, aus dem andern verdammten Haufen, in Klöstern, und allenthalben in der Welt. Wenn das geschehen ist, und die Zerstreuten seines Volks werden zusammen gebracht seyn, (spricht der Engel Dan. 12.) daß er sein Korn eingebracht, und im Pabstthum nichts mehr denn Spreu und ledig Stroh wird finden, so wird es auch aus seyn, und nur angezündet und verbrennet, durch Türken und höllisch Feuer. Denn es ist beschlossen: Er muß herhalten, wie die Schrifft von ihm verkündiget hat.

Darum, lieben Freunde, lasset uns zu dieser Zeit der gnädigen Heimsuchung, Gottes Wort gern hören und lieb haben; sonderlich was junge Leute sind, die solches erleben werden, daß Gott mit einer andern Heimsuchung kommen wird; wie er zu Jerusalem kommen mußte, da sie die erste Gnadenzeit nicht wollten erkennen; auf daß ihr in der heiligen Schrift gerüstet seyd, und könnet euch trösten, und auch wehren und aufhalten, wider künftigen Zorn und Unglück.

Denn soll man solchem entlaufen, so wird uns nichts überall helfen, denn daß wir Gottes Wort mit Ernst meynen, und dasselbe helfen mit allem Fleiß erhalten, für uns und unsere Nachkommen: Sonderlich durch Erhaltung guter Schulen und Auferziehung der Jugend. Denn das sind die Pflänzlein, dadurch die Kirche Gottes, als ein schöner Garten, erbauet und fortgebracht wird. Darum sind wir alle, so Christen seyn wollen, schuldig, mit allen Treuen, mit dem, so wir vermögen, dazu zu helfen und fördern.

Ob wir, die wir in diesem Amte Christo und seiner Kirche dienen, nicht alle gleich reich sind, als Juristen, Mediciner, und die mit andern Sachen und Handeln umgehen; so lasset uns begnügen an dem, das uns Gott giebt, und ihm danken, daß wir Kirchen und Schulen haben, da es unsere Kinder und Jugend, und die armen Ungelehrten auch mögen hören, und herzukommen. Du bist überreich genug, so du ein frommer, treuer Seelsorger oder Prediger wirst. Denn du hast schon bestellet einen Stuhl im Himmel, der anders gezieret, und viel herrlicher ist, denn aller Kaiser und Könige, da du wirst hoch über sie sitzen, erhaben und geehret über alle Welt, und beide Teufel, Pabst und alle Feinde zu deinen Füßen zur Hölle verstoßen sehen. Denn wir haben des reiche, gewisse Verheißungen genug, und wissen, daß sie uns nicht fehlen. Darum lasset uns alle sammt, beide Lehrer und Schüler, auch zur Zeit dieser Heimsuchung Gott helfen seine Körnlein zusammenbringen, ehe denn der endliche Zorn angehe, der die Spreu ewiglich anzünden und verbrennen wird.

1) Marcolf ist der Name des Tannenhahnes oder Nußbeißers, den er von seinem Geschrei erhalten hat.
2) Jährlicher Gehalt einer Klosterstelle