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![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Hohe Baukultur für Leipzig - 2025 2. Genius loci Unverwechselbarkeit, Authentizität und Identität In den zurückliegenden Jahren wurden tausende Bilddokumente zum Thema Leipzig bereitgestellt, wobei das Augenmerk darauf gerichtet war, sozusagen die kaum mehr bekannte Qualität und Bandbreite der Leipziger Baukultur aufzubereiten. Dies war kein Versehen, sondern den Folgen der zweiten deutschen Diktatur geschuldet, wo SED und Stasi versuchten, bürgerliche Kultur auszulöschen und vollständig durch sozialistischen Neubau zu ersetzen. Daß Bertolt Brecht mit dem Text des Aufbauliedes der FDJ „Keiner plagt sich gerne“ im Jahre 1948 allein die zerstörte Stadt Berlin im Blick hatte, als er formulierte: „Fort mit den Trümmern und was Neues hingebaut! Um uns selber müssen wir uns selber kümmern, und heraus gegen uns, wer sich traut.“ wurde geflissentlich negiert. Es war folglich ein unkultivierter Mob der SED-Führungen der Stadt, des damaligen Bezirkes Leipzig und der DDR-Regierung, der glaubte, mit einen neuen kommunistischen Menschen u.a. mit Neuem, alles bisher Existierende an Bauwerken übertrumpfen zu können. Dies ging einher mit Verwahrlosung, Abriß und Zerstörung von teils kriegsbeschädigten, aber wichtigen Bauwerken wie dem zweiten Gewandhaus, dem Bildermuseum, der Johanniskirche, Deutrichs Hof und vieler weiterer das Antlitz der Stadt prägender Bauwerke. Zum Abriß bestimmte Gebäude wie im Musikviertel wurden ausgeschlachtet. Und Kritiker dieser Barbarei wie Regimegegner wurden vertrieben. D.h. hier ging und geht es um die gezielte Vernichtung städtischen Kulturerbes und Kulturgutes, die bis heute weiter wirkt! Als ich in Vorbereitung des 250-jährigen Orchesterjubiläum 1993 die Geschichte des Gewandhauses und des Mendelssohn-Hauses aufzuarbeiten begann, schrieb ich an die Abteilung Kultur des Rates der Stadt Leipzig am 19. Mai 1987 u.a.: „Allerdings existieren ernsthafte Probleme, die das Stadtarchiv betreffen. Nach bisherigen Aussagen von Herrn Künn wurde zu folgenden Dingen nichts gefunden: 1. Bauakten der Goldschmidtstraße 2/10 (und Bauakten anderer nicht mehr existierender Gebäude der Roßstraße) 2. 6.000 Glasnegative (13 x l8 cm) = 3 - 4 Schränke (Fotoarchiv der alten Stadtplanung, was etwa 1958 ins Stadtarchiv kam) 3. Fotos und Stiche (teilweise handsigniert) von berühmten Interpreten und Komponisten, die vom Gewandhaus (damals noch ohne Möglichkeiten sicherer Aufbewahrung) in den 60er Jahren in das Stadtarchiv kamen. 4. Ansichten der Straßenzüge Goldschmidtstraße, Roßstraße, Nürnberger Straße, Inselstraße, Scherlstraße.“ Den damals existierenden Bestand konnte sogar Prof. Manfred Unger bestätigen. Weder im Jahre 1987 noch später gab es in der Leipziger Rathausverwaltung Prüfungen, Bestandskontrollen, Untersuchungen, Transparenz und Aufklärung. Auch als ich die ersten Beispiele von Vergleichen zur Ausstellung „Stadtgeschichten“ im Jahre 1998 im Stadtgeschichtlichen Museum mit dem Beitrag „Leipzig vor Augen“ vorlegte, geschah praktisch nichts. ![]() Schulze-Delitzsch-Straße 6 in den Jahren 2013, 1996 und 1910 ![]() Sophienplatz 9 in den Jahren 2013, 1996 und 1910 ![]() Mozartstraße 5 im Jahre 2013 und 1910 ![]() Nonnenmühlgasse 2 im Jahre 2014 und 1913 Um es noch einmal explizit herauszustellen: Keine Stadt und keine Kulturnation kann es sich leisten, ein Kulturerbe und einen Kulturschatz, der über Jahrzehnte (oder in diesem Falle den Zeitraum der Photographie überspannend) systematisch und mühevoll erarbeitet wurde, einfach wegzuschmeißen. Gerade nach 1989 hätte der einmalige Schatz der Alten Stadtplanung bereitstehen müssen, um den Übergang zur Rettung von Bausubstanz und städtebaulicher Strukturen zeitlich möglichst kurz und damit den Aufwand gering zu halten. Gerade das passierte nicht! Bis heute fehlt jede Spur, auf welche Deponie unverzichtbares wie grundlegendes Kulturgut der Stadt Leipzig verbracht wurde. Es ist nicht aufgeklärt, was in der Verwaltung der Stadt Leipzig an wertvollem Bestand an Kulturgut verschwand oder vernichtet wurde und welche Personen dafür die Verantwortung trugen. |